Gemeinsam gegen die große Koalition

FDP, Linksfraktion und Grüne sind vereint in der Kritik am Haushalt 2007. Linke: „Keine Koalition in der Opposition“

BERLIN taz ■ Symbole einer gemeinsamen Politik versuchen FDP, Linksfraktion und Grüne tunlichst zu vermeiden. Selbst wenn Einigkeit herrscht, geht man sich in der Öffentlichkeit aus dem Weg. Das war gestern einmal anders: Um den Bundeshaushalt 2007 zu kritisieren, traten die Haushaltspolitiker der drei Oppositionsparteien gemeinsam auf. „Der Umgang der großen Koalition mit der Opposition ist eine Katastrophe“, begründete Jürgen Koppelin, haushaltspolitischer Sprecher der FDP – Gesine Lötzsch (Linke) und Anja Hajduk (Grüne) widersprachen nicht.

Warum die Aufregung? Der am Donnerstag vom entscheidenden Ausschuss beschlossene Bundeshaushalt für das kommende Jahr macht einen guten Eindruck – jedenfalls einen besseren als in den vergangenen Jahren. Der Etat ist verfassungsgemäß, die Neuverschuldung sinkt auf historisch niedrige 19,6 Milliarden Euro. Das gab es seit der Wiedervereinigung nicht mehr. Von den insgesamt 271 Milliarden Euro Ausgaben sollen immerhin 24 Milliarden in Zukunftsprojekte investiert werden, mehr als bisher geplant. Wirtschaftswachstum und reichhaltige Steuereinnahmen des Staates machen es möglich.

Und doch findet das Werk nicht die Gnade der Opposition. Das muss so sein, das ist ihre Rolle. Alle drei Parteien aber erzürnt zusätzlich die Arroganz von Union und SPD. Kurzfristig und ohne Beratung im eigentlich zuständigen Innenausschuss habe Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sein 132 Millionen Euro teures „Programm zur Stärkung der Inneren Sicherheit“ direkt in den Haushaltsausschuss eingebracht, beschwerte sich Jürgen Koppelin. Durch den Zeitdruck, sagt der FDP-Politiker, sei die Opposition ihrer Möglichkeiten beraubt worden. Keineswegs, kontert SPD-Haushaltspolitiker Carsten Schneider. Mehrere parlamentarische Aussprachen hätten stattgefunden, so Schneider, die letzte erst am vergangenen Donnerstag.

Doch auch an den geplanten Maßnahmen entzündet sich die Kritik der Opposition. Dem Liberalen Koppelin will etwa nicht einleuchten, wofür die „flächendeckende Überwachung“ des Internets durch die Polizei gut sein solle. Und auch den Sinn tausender neuer Videokameras auf Bahnhöfen und Flughäfen zweifelt er an. Wie die SPD „Hurra, hurra“ angesichts der Sicherheitseuphorie schreie, sei schon erstaunlich, so Koppelin. Die Sozialdemokraten hätten ein derartiges Paket „früher nicht mit der Pinzette angefasst“, pflichtete ihm die Linke Gesine Lötzsch bei.

Finanzpolitisch sprachen sich die drei kleinen Bundestagsparteien gegen die Erhöhung der Mehrwertsteuer zum 1. Januar kommenden Jahres aus. Diese schädige die Konjunktur (FDP), sei sozial ungerecht (Linke) und belaste die arbeitende Bevölkerung (Grüne).

Während FDP und Grüne darüber hinaus mehr Haushaltssanierung und Sparpolitik einforderten, setzte sich Gesine Lötzsch an diesem Punkt von der oppositionellen Einigkeit ab. Sie kritisierte den Haushalt 2007 als Programm zur „Umverteilung von unten nach oben“. Stattdessen solle die Bundesregierung das Arbeitslosengeld II (Hartz IV) von 345 auf 420 Euro anheben und mehr öffentliche Mittel investieren, um Arbeitsplätze zu schaffen. „Eine Koalition in der Opposition gibt es nicht“, sagte Lötzsch. Oft ist es nur das Gefühl der Ohnmacht, dass die drei Oppositionsparteien näher zueinander bringt. HANNES KOCH