Kabinenpredigt
: 100 Prozent Berlin

Not kennt kein Gebot. Zum Glück, muss man für die Berlin Adler sagen. Beinahe wären sie aus der Eliteklasse der German Football League abgestiegen. Die sportliche Bedeutungslosigkeit drohte. Nun steht ihnen indes die internationale Bühne offen. Wie vergangene Woche bekannt wurde, beschlossen die europäischen Clubs in Bergamo, die Adler im Europapokal starten zu lassen.

Sie werden voraussichtlich im April nächsten Jahres auf die Amsterdam Crusaders und die Oslo Vikings treffen. Es fand sich ansonsten nur ein weiteres deutsches Team, das die Reisekosten dieses Wettbewerbs stemmen konnte. Insgesamt meldeten sich in Europa nur 11 Teams. Das Jahr zuvor zählte man noch 15 Interessen, die selbstverständlich alle mitmachen durften. Wer das Geld aufbringt, ist dabei. Sportliche Kriterien sind zweitrangig.

Bei Hertha kann man von solchen Zuständen nur träumen. Gern würde man hier für eine stets gefüllte Reisekasse sorgen, dürfte man dafür international spielen. Aber es ist natürlich unredlich, Fußball mit American Football zu vergleichen. Diese Beziehung lässt sich in Europa nur ex negativo beschreiben. In Ländern, wo der Fußball dominiert wie in Deutschland oder Spanien, ist American Football Randsportart. Wo Fußball mit mittelmäßigem Engagement betrieben wird, wie in Österreich, erfreut sich Football schon einer deutlich größeren Beliebtheit.

So gesehen dürfte es auch kein Zufall sein, dass der Fußballschiedsrichter Robert Hoyzer, der vor der WM als Protagonist eines großen Manipulationsskandals enttarnt wurde, Zuflucht beim American Football suchte. Nachdem er vom Deutschen Fußball Bund lebenslang gesperrt und von Hertha unter Druck gesetzt wurde, aus dem Verein auszutreten, bat er beim Team der Berlin Adler um Aufnahme. Die Adler wollten den Fußballexilanten aus der Hauptstadt auch gern unter Vertrag nehmen. Schließlich ist man dem Vereinsmotto „100 Prozent Berlin“ verpflichtet.

Der American Football Verband Deutschland e.V. legte jedoch sein Veto ein. Schlechte Presse kann auch eine Randsportart nicht gebrauchen. JOHANNES KOPP