Teufel auf dem richtigen Weg?

■ Die Footballer der Blue Devils wollen morgen mit einem Sieg gegen Berlin das Finale der Deutschen Meisterschaft erreichen

„Die Chancen stehen 40:60 gegen uns.“ Wie immer vor wichtigen Spielen versucht Axel Gernert, Präsident des Hamburger Football-Vereins Blue Devils, die hohen Erwartungen zu dämpfen. Die Halbfinal-Begegnung gegen den mehrfachen Deutschen Meister Berlin Adler – Sonntag um 18 Uhr im Volksparkstadion – ist solch ein wichtiges Spiel.

Mit dem Erreichen des Halbfinales haben die Devils sogar die Erfolge des einstigen Rivalen, den Silver Eagles, übertroffen. Möglicherweise werden die Navyblauen sogar als erstes Hamburger Team im Finale einer Deutschen Meisterschaft stehen.

Nach den ganzen Querelen um Axel Gernert, der selbstgebastelten und letztlich geflopten Europaliga und dem umstrittenen Quereinstieg in die Bundesliga ist dies eigentlich eine beachtliche Leistung – wenngleich für viele keine Überraschung. Denn neben den obligatorischen US-Spielern verfügen die Blue Devils über weitere talentierte Akteure.

Anlaß zur Häme gab aber anfänglich die unglückliche Hand bei der Auswahl amerikanischer Spieler, die in großer Zahl kamen und gingen. Auch US-Coach Kirk Heidelberg machte nicht immer die beste Figur. Er unterschätzte das Spielniveau einiger Deutscher im Team, hielt aber dennoch stur an einmal entwickelten Spielzügen fest, weil er glaubte, daß diese den hiesigen Verhältnissen angemessen wären. Viele einheimische Spieler murrten, weil sie kaum eine Chance hatten, auf begehrten Spielerpositionen wie die des Spielmachers oder Paßempfängers eingesetzt zu werden. Gemäß der Devise „Americans do it better“ bevorzugte er seine Landsleute. Die Spielmoral sank, Niederlagen gegen schwächere Gegner stellten sich ein. Fast wäre es zum Bruch zwischen Coach und Spielern gekommen.

Doch als der Tiefpunkt erreicht war, ging vor dem letzten Punktspiel ein Ruck durchs Team: „Wir stellten fest, daß wir wirklich in den Playoffs spielen wollen“, sagt Defense-Spieler Martino Destro. „Seitdem herrscht ein richtiges Zusammengehörigkeitsgefühl,“ bestätigt Eric Salzinger. Die Folgen: Mit 14:0 wurden die Cologne Crocodiles geschlagen und Südmeister Hanau Hawks mit 21:16 im Play-off-Viertelfinale.

Wie weit ein Ausscheiden der Devils Auswirkung auf den Hamburger Football gehabt hätte, läßt sich schwer sagen. Möglicherweise keine, denn trotz der Niederlagen ist die Zuschauerzahl nicht gesunken, im Gegenteil: Laut Football-Magazin Huddle verzeichnet der Teufelsverein bei einem Schnitt von 8.700 Zuschauern ein Plus von 23 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, obwohl auf Plakate an Litfaßsäulen und Sonderbeilagen in der Tagespresse verzichtet wurde. Angesichts solcher Erfolge sieht sich Axel Gernert auf dem richtigen Weg. Edwin Feindt