Schon wieder ein Brandanschlag in Lübeck

■ Zwei Menschen getötet, 20 verletzt / Rassistische Motive nicht ausgeschlossen

Bei einem Brandanschlag auf ein überwiegend von türkischen Familien bewohntes Haus in der Lübecker Altstadt sind am Dienstag morgen zwei Menschen ums Leben gekommen. 20 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Mindestens sechs Personen schwebten gestern abend noch in Lebensgefahr. Ob der Anschlag einen ausländerfeindlichen Hintergrund hat, war bis Redaktionsschluß noch unklar.

Die Straße vor dem Unglückshaus ist mit Splittern übersät, die Fassade des gelblichen Gründerzeit-Baus von Ruß geschwärzt. Am offenen Erkerfenster im ersten Stock steht – als sei nichts geschehen – eine Birkenfeige. In diesem Haus in der Lübecker Engelsgrube starb gestern früh eine 34jährige Deutsche, weil Brandstifter Benzin in der Küche des Lokals im Erdgeschoß angesteckt hatten. Ein 40jähriger Türke erlag am Nachmittag in einer Klinik seinen schweren Verletzungen.

Drei türkische Kinder im Alter zwischen zwei und 14 Jahren und die beiden Kinder der getöteten Frau, ein vierjähriges Mädchen und ein fünfjähriger Junge, erlitten bei dem Großfeuer schwere Rauchvergiftungen. Von den 25 Hausbewohnern wurden insgesamt 15 Türken und fünf Deutsche zum Teil lebensgefährlich verletzt in Krankenhäuser eingeliefert.

Anwohner hatten die Polizei gegen 03.50 Uhr gerufen und über einen lauten Knall berichtet. Als die Feuerwehr bei dem viergeschossigen Haus in der dichtbebauten Altstadt eintraf, brannte bereits das ganze Erdgeschoß des Hauses.

Einige der Bewohner konnten sich selbst über die Treppe ins Freie retten. Die meisten Verletzten wurden über Drehleitern von Feuerwehr und Polizei geborgen, die mit insgesamt 100 Beamten vor Ort war. Die Bewohner der unmittelbar angrenzenden Häuser wurden vorsichtshalber evakuiert, sie konnten im Laufe des Vormittags jedoch in ihre Wohnungen zurückkehren.

Rund zwei Stunden lang kämpfte die Feuerwehr gegen das Feuer, vier Notärzte versorgten die Verletzten noch am Unglücksort. Als Ursache des Brandes hatte die Polizei zunächst eine Gasexplosion vermutet. Am Nachmittag stellten Brandsachverständige jedoch in der Küche der Gaststätte Spuren von Benzin fest. Zu den Motiven der Brandstifter konnte die Polizei gestern keine Angaben machen. Es gebe bislang aber kein Indiz für einen ausländerfeindlichen Hintergrund, sagte ein Polizeisprecher.

Im März vorigen und im Mai diesen Jahres hatten Neonazis die Lübecker Synagoge in Brand gesteckt, ohne daß Menschen verletzt wurden. Beim zweiten Attentat wurde zeitgleich auf ein von Ausländern und Deutschen bewohntes Haus in der Altstadt ebenfalls ein Brandanschlag verübt, bei dem zwei Menschen leicht verletzt wurden.

Ein rechtsradikaler Hintergrund wird auch bei dem Briefbombenattentat vermutet, bei dem im Juni ein Mitarbeiter der Lübecker SPD verletzt wurde. dpa/smv