Der Schutz "vor" dem Flüchtling

■ Sudanesen-Abschiebung: Flüchtlingsinitiativen und Ausländerbeauftragte fordern eine Änderung des Flughafenverfahrens. Die Bundesregierung verweist auf die angebliche gesunde Volksmeinung.

Berlin (AFP/AP/taz) – Während die Bundesregierung die skandalöse Abschiebung von sieben Sudanesen in ihre Heimat weiterhin verteidigt, fordern Flüchtlingsinitiativen und Ausländerbeauftragte jetzt eine umgehende Korrektur des sogenannten Flughafenverfahrens und der Drittstaatenregelung. Die Sudanesen, deren Asylbegehren abgelehnt worden waren, wurden trotz ihrer massiven Proteste in der Nacht zum Mittwoch mit einem Charterflug über Bukarest in den Sudan abgeschoben. Nach einem Bericht der Bundesregierung werden im Sudan Menschenrechte massiv verletzt.

Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Cornelia Schmalz-Jacobsen, erklärte, es müsse darüber nachgedacht werden, ob die Flughafenregelung auf Menschen angewendet werden könne, die aus Krisenstaaten wie dem Sudan kämen. Das Verfahren sei „nicht immer sinnvoll“.

Nach dieser Vorschrift durchlaufen Menschen, die per Flugzeug aus einem Land einreisen, in dem offiziell keine Verfolgung stattfindet, noch auf dem Flughafengelände ein verkürztes Asylverfahren. Sie können ohne Anhörung in ihr Heimatland zurückgeschickt werden. Zur erwarteten Entscheidung des Verfassungsgerichts über die Asylregelung sagte die Ausländerbeauftragte, es sei „keine Hellseherei“ vorauszusagen, daß sich der Bundestag erneut mit der Flughafenregelung und der Praxis der Abschiebehaft beschäftigen müsse.

Innenminister Manfred Kanther, der die Abschiebung der Sudanesen zu verantworten hat, bekam gestern Rückendeckung von Kanzleramtschef Friedrich Bohl. Bohl meinte, die Behörden hätten nur getan, was „notwendig und richtig“ ist. Die Bundesregierung sehe sich „in großer Übereinstimmung mit der breiten Mehrheit unserer Bevölkerung“.

Auch die UN-Flüchtlingskommissarin für Deutschland, Judith Kumin, kritisiert die Drittstaatenregelung. Es gebe die Gefahr, daß dabei nicht der Schutz des Flüchtlings, sondern der „Schutz vor dem Asylbewerber“ im Vordergrund stehe. Durch Verfahrensgarantien oder Zuständigkeitsregelungen zwischen den betroffenen Staaten müsse verhindert werden, daß potentielle AsylbewerberInnen infolge der Drittstaatenregelung bis in ihr Herkunftsland zurückgereicht werden, ohne daß sie effektiv eine Chance auf Anhörung hätten. Auch die Organisationen „IPPNW – Ärzte in sozialer Verantwortung“ in Frankfurt und der „Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte“ forderten gestern „eine Beendigung des unfairen Flughafen-Fließband-Asylverfahrens“. wg