: Reggae gegen Rassismus
■ Open-Air-Party auf dem Kiez – Schwarze protestieren gegen Diskriminierung durch Diskothek-Betreiber: „Boykottiert das After Shave“ Von Kai v. Appen
Samstag nacht auf der Reeperbahn: Reggae-Klänge vor der Kiez-Disco „After Shave“ und der Davidwache. 50 schwarze Frauen und Männer der „Black Students Organisation“ sowie weiße UnterstützerInnen protestieren mit einer „Open Air Party“ eineinhalb Stunden gegen Diskriminierung und Rassismus. „Wir rufen auf zum totalen Boykott des After Shave, bis sich die Geschäftsführung erklärt hat“, so Sprecher Alexander Ngnoubandjum.
Die Kiez-Diskothek ist für ihre diskriminierenden Zutrittskriterien berüchtigt, zuletzt im Fall der Afro-Deutschen Rose E., die das After Shave mit zwei Freunden besuchen wollte. Doch ihren Begleitern wurde der Zutritt verwehrt. Der Geschäftsführer wolle „keine Schwarzen in seiner Diskothek“, erklärten die beiden Türsteher, angeblich habe es in der Vergangenheit Schlägereien gegeben. Nur die „black girls“ würden reingelassen.
Für die Black Students eine ungeheuerliche Form von Rassismus. „Im After Shave wird schwarze Musik gespielt, Schwarze werden aber nicht reingelassen“, empört sich Ngnoubandjum über Megaphon. Mit Erfolg. Viele deutsche KiezbummlerInnen zeugen ihm in dieser Nacht spontan Beifall und bleiben dem After Shave fern. „Dann müssen wir eben woanders hingehen, da geh ich nicht mit rein“, weist eine junge Frau ihren Begleiter an.
Gelassenheit bei den Davidwachen-Beamten während der Reggae-Party vorm Revier. Hier hatte Rose E. gegen den After-Shave-Inhaber Anzeige wegen „Beleidigung“ und „Volksverhetzung“ erstatten wollen (taz berichtete). Der Beamte Burkhard Bortz hatte sich jedoch geweigert, die Anzeige aufzunehmen, weil er es normal fände, „Farbige“ nicht in die Disco zu lassen.
Viele Davidwachen-BeamtInnen machen inzwischen keinen Hehl daraus, daß sie das Verhalten ihres, auch unter der Revier-Crew unbeliebten, Ex-Kollegen unmöglich finden. Gegen ihn läuft die Suspendierung und ein Ermittlungsverfahren wegen Strafvereitelung im Amt. Dennoch müssen sie sich den Vorwurf anhören: „Deutsche Polizisten haben sich zu Handlangern von Rassisten gemacht.“
Gegen eine andere Form der pauschalen Diskriminierung hatten bereits am Nachmittag eine Handvoll Afrikaner und ihre deutschen Freunde im Schanzenviertel protestiert. Sie wollen nicht mit schwarzen Dealern in einen Topf geworfen werden. „Diese, verglichen mit der Gesamtzahl von 17.000 in Hamburg lebenden Afrikanern, sehr geringe Zahl von afrikanischen Straßendealern schadet dem Ruf des gesamten Kontinents Afrika“, so Organisator Dembo Marenah.
Die Demonstration wurde im Schanzenviertel nicht nur positiv aufgenommen. Mitglieder afrikanischer Organisationen kritisieren, daß Schwarze gegen Schwarze demonstrieren – angeführt von dem einzigen schwarzen Hamburger Polizisten – und sich als „brave eingedeutschte Biedermänner“ darstellen.
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