Zweimal fünf macht froh

■ Der letzte Bundesliga-Spieltag vor der Winterpause war für die Hamburger Profikicker ein besonders erfolgreicher: Der HSV schlug Eintracht Frankfurt dank Bäron mit 5:1, bei St. Paulis 5:2 in Krefeld traf Sobotzik gleich dreimal

Manchmal hat Felix Magath noch Schwierigkeiten, seinem selbsterwählten Image als Reinkarnation der HSV-Trainer-Legenden Ernst Happel und Branco Zebec gerecht zu werden. „Phantastisch und großartig“, entfuhr es dem HSV-Übungsleiter, sei die Leistung seiner Mannschaft beim freitäglichen 5:1 gegen Eintracht Frankfurt gewesen: „Wenn die Spieler öfter so guten Fußball zeigen, benötigen wir keine weiteren Verstärkungen.“

Ohne jedwedes Gegrantel war auch sein Resümee der Leistung des wiedergenesenen Langzeitverletzten Karsten Bäron: „Nicht zu glauben, wie dieser Spieler diese 90 Minuten gespielt hat – als hätte er nie eine Pause gemacht.“ Nicht nur die zwei Tore, die Karsten Bäron gegen die grausam schwachen Frankfurter erzielte, sorgten für die Magathsche Euphorie. Es war vielmehr die Art und Weise, wie der schlaksige Stürmer auf dem seifigen Rasen den Ball abschirmte und dann an die nachrückenden Spieler verteilte, die den Coach in Verzückung versetzten und dem HSV in der ersten Halbzeit Chancen im Fünf-Minuten-Takt ermöglichten.

Dazu ein brillant agierender Regisseur Harald Spörl (Yordan Letschkow schmorte auf der Ersatzbank), der drei der Tore vorbereitete und eins selbst schoß. Genug für die Westkurvenklientel des Vereins, wieder ins Schwelgen zu geraten – von kommenden Deutschen Meisterschaften und UEFA-Cup-Siegen, zumal der HSV als fünfter in die Rückrunde gehen wird.

Von baldigen internationalen Spielen wie unter der Ägide von Happel und Zebec, davon möchte Felix Magath trotz seiner ungewohnten Euphorieausbrüche nichts wissen: „Weiter bis zu einem Platz im gesicherten Mittelfeld wollen wir im Augenblick nicht denken.“ Denn: „Vor zwei Monaten waren wir noch 17. in der Bundesligatabelle – da müssen wir realistisch bleiben.“ Zu sehr ist dem Fußballlehrer wohl bewußt, daß der Motivationsschub durch den Trainerwechsel bald verflogen sein könnte. Sprich: Der neue Besen, der bekanntlich besser kehren soll, verschleißt sich meist recht schnell, wenn es mal nicht so gut läuft, insbesondere, wenn die simplen Methoden Magaths zur Mitarbeiter-Motivation nach einer gewissen Zeit nicht mehr funktionieren.

Noch fühlen sich die Spieler für den Bundesligawettkampf besser gerüstet, wenn sie täglich eine Stunde früher trainieren. Noch macht ihnen die sonntägliche Mehrarbeit unter Ma-gath nichts aus. Sie fühlen sich sogar in einem Wettbewerbs-Vorteil gegenüber der Bundesligakonkurrenz, die weniger hart für den Erfolg arbeiten soll. Doch diese zusätzlichen Motivationsschübe verbrauchen sich in der Regel im Berufsfußballergeschäft schnell. Aus einem harten Hund wird so allzuschnell ein tumber Schleifer a la „Ekel“-Egon Coordes (der vom Menschenfreund Möhlmann abgelöst wurde).

Als hilfreicheres Doping für die vor zwei Monaten abstiegsgefährdeten HSV-Kicker könnte sich die Rückbesinnung auf die Vereinstradition erwiesen haben: Uns Uwe als rhetorisch einfach gestricktes Aushängeschild und der Held vom 1:0-Europacup-Sieg von 1983, Felix Magath, als Trainer, der nun unentwegt versucht, den Geist der erfolgreichsten HSV-Trainer zu beschwören. Eine Botschaft, die die HSV-Klientel zu goutieren weiß und die sich auch in der täglichen Berichterstattung in der ran-Ära trefflich verwurstbar ist.

Sei's drum. Auch wenn die Art des Abschusses des alten HSV-Präsidiums und Trainers vor zwei Monaten ein absolutes Lehrstück über die Macht von Boulevardschlagzeilen im Unterhaltungsgeschäft war, muß man resümieren: Ein Besuch im Volksparkstadion ist wieder unterhaltsam geworden. Allerdings: Richtig granteln muß Felix Magath noch lernen.

Kai Rehländer

HSV: Golz (88. Hiemann) – Hubtschew – Fischer, Henchoz – Spörl, Kmetsch (70. Kovacevic), Breitenreiter, Hartmann, Albertz – Bäron, Ivanauskas

Frankfurt: Köpke – Dickhaut – Bindewald, Komljenovic – Rauffmann, Hagner (61. Doll), Binz, Schupp, Böhme (34. Roth) – Okocha (64. Becker), Ekström

Tore: 1:0 Ivanauskas (2.), 2:0 Bäron (10.), 3:0 Bäron (17.), 4:0 Spörl (31.), 4:1 Doll (75.), 5:1 Kovacevic (77.)

Gelbe Karten: - / Bindewald