Mit Wasserschildkröten in seiner WG-Küche

■ Wohlerzogen, offen: der Jazz-Musiker Thomas Krakowczyk fällt hinter Bebop zurück

Thomas Krakowczyk ist ein netter junger Mann. Gäste empfängt er wohlerzogen mit Handschlag und als Teetrinker entschuldigt er sich für seinen miesen Kaffee. In der Altonaer WG-Küche krabbeln zwei Wasserschildkröten, den Kühlschrank zieren Kindergemälde. Gestern war die Musikertochter zu Besuch, und beide haben „echt klasse Weihnachtslieder“ gesungen.

Die Musik, mit der Thomas Krakowczyk sein Geld verdient, findet er auch „echt klasse“. Einer genaueren Definition weicht der rot-blonde Musiker zunächst aus. Aber bevor er sich schlicht als Easy-Listening-Macher einstufen läßt, schafft er sich doch lieber die eigene Schublade: „Mit meinem Jazz'n' Dance Orchestra greifen wir das auf, was vor dem Bebop angesagt war: akustische Musik, die tanzbar ist und für gute Laune sorgt“. In der Praxis bedeutet das eine Mischung aus swingendem Jazz, Soul, Blues und Salsa, aber auch einigen Stevie Wonder-Schlagern, wie sie die Band in der Prinzenbar zum besten geben wird.

Thomas Krakowczyk kann aber auch anders. Die Musik, die er im Quartett oder auf From Bop to New Age spielt, ist ihm allerdings selbst manchmal zu kompliziert: „Das kann man sich eigentlich kaum anhören.“ Mit dem Anhören ist das ohnehin so eine Sache für den 31jährigen, der Fernsehen und Radio meidet und kaum CDs hört – „da lese ich lieber einen Krimi“. Auch Rock-Konzerte sind für Krakowczyk nicht von Interesse.

Ein eigenbrötlerischer Populärkultur-Muffel ist der leidenschaftliche Jazz-Gitarrist trotzdem nicht. Aber er liebt es eben stilvoll. Wenn er mit seiner Small Big Band auf Party-Tour geht, tauscht er deshalb seinen alltäglichen Hippie-Look gegen Anzug und Krawatte ein. Die besten Auftritte sind für ihn auf Hochzeiten. „Das macht einen Riesenspaß.“ Und dann war da noch die tolle Betriebsfeier der Sozialtherapeutischen Vereinigung, wo die Belegschaft den Klingelbeutel kreisen ließ, um den Jazz'n' Dance-Leuten ein Zusatz-Set zu entlocken.

Ein bißchen seltsam mag man diese Einstellung schon finden, zumal Krakowczyk Jazz studiert hat und mit bescheidener Entschiedenheit feststellt, „irgendwie zu den wichtigen Leuten in der Hamburger Jazz-Szene zu gehören.“ Noch befremdlicher ist allerdings, daß er seinen Gitarrenkurs bei der Volkshochschule für „den besten Job überhaupt“ hält. Und wenn es ihn völlig unberührt läßt, daß sein WG-Nachbar während unseres Gespräches lautstark auf der Gitarre herumschrubbt und dazu Shanties anstimmt, dann liegt die Annahme nahe, hier könnte es sich um einem Folk-Fan handeln.

„Gar nicht so schlecht geraten! Jazz war doch früher in Amerika eine Art ,Volksmusik'. Den Begriff möchte ich gern entlasten.“ Und damit das Publikum besser mitträllern kann, will Krakowczyk bald auch mit deutschen Texten aufwarten. Das ist seine Alternative zum Spielen „ohne Publikum und ohne Geld zu verdienen“.

Nele-Marie Brüdgam So, 17. 12., Prinzenbar, 21 Uhr