■ Die SPD hat die Wahl
: Die Leber-Party

Über die Berliner SPD noch Witze zu machen wäre nun wirklich behindertenfeindlich, zumal der jetzige Parteitag ohnehin nur ein Witz ist. Ein schlechter dazu. Scheinbar steht mal wieder eine Frage im Raum (ohnehin eine sozialdemokratische Spezialität: Fragen in den Raum zu stellen und sie da stehenzulassen). Nämlich: Soll man nun groß koalieren oder klein opponieren?

Genossinnen! Genossen! Macht's kurz! Ziert euch nicht länger! Die Unschuld ist ohnehin längst perdu – also: Rein in die immer noch furzwarme Koalitions-Heia! Keiner verlangt von euch besondere Leidenschaft; mehr als asthmatisches Gehechel bringt ihr eh nicht zustande. Doch für Diepgens politische Libido reicht das allemal. (Die Begriffe „Libido“ und „Diepgen“ zusammen in einem Satz unterzubringen ist schon die Hohe Schule der Extremphantasie.)

Ja, aaaber – so höre ich es aus der linken Parteinische säuseln. Doch es gibt gar keine Alternative. Denn auch der linke Sozi trägt in dieser Stadt immer noch die Mauer als dezenten Kopfschmuck vor der Omme. Deshalb darf mit den postzonalen Schmuddelkindern von der PDS nicht gespielt werden, auch wenn die sich jeden Morgen neu mit sozialdemokratischer Kernseife abschrubben. Mit denen will man sogar in der Opposition nichts zu tun haben. Noch sitzt die grausige Erinnerung an jene Horror- Wahlnacht tief, als Mutter Stahmer aus der sozialdemokratischen Lindenstraße hingemetzelt wurde von den roten Horden, die da aus den Tiefen der Inneren Mongolei hervorstürmten (und die Innere Mongolei beginnt – das weiß jeder geographisch halbwegs informierte Wessi-Berliner – etwa bei Hellersdorf). Da hätte selbst ein Recke wie Walter Momper versagt, dessen wag-halsiges Outfit immer noch anzeigt, wie einem das sozialdemokratische Lebensgefühl in dieser Stadt zum Halse raushängen kann: Schal, aber rot!

Solange die PDS also das absolute Pfui aba ist, bleibt den EnkelInnen und OnkelInnen in der SPD nur das schwarzrote Lotterlaken. Jeder und jede in der Partei weiß es – und alle haben es längst geschluckt. In dieser Partei kann man ohnehin nur noch Schluckspecht werden. Da greift man eben zur Flasche und dann zum Diepgen. Getreu dem alten Motto der Berliner Sozialdemokratie: „Trifft es auch die Leber hart, wir treiben es mit Eberhard!“

Vielleicht sollte man bei der nächsten Wahl gleich Harald Juhnke als SPD-Spitzenkandidaten aufstellen. Der liegt zwar auch ab und zu halb im Koma, aber es hätte zumindest einen höheren Unterhaltungswert. Martin Buchholz

Der Autor ist Kabarettist