■ Sinneswandel bei der GEW
: Klassenziel verfehlt

Not macht erfinderisch. So hat es eben auch etwas Gutes, daß in diesem und im kommenden Jahr in der öffentlichen Kasse ein Defizit von jeweils 10 Milliarden Mark ausgeglichen werden muß. Denn inzwischen scheint es zu einem begrüßenswerten Wettkampf um die besten Sparideen gekommen zu sein. Finanzsenator Pieroth (CDU) erfreute uns diese Woche etwa mit seinem Vorschlag einer Parkplatzsteuer. Klasse! Für Überraschung sorgte gestern auch GEW-Chef Erhard Laube. 11.000 angestellte Lehrer sollen schneller verbeamtet werden, so könnte Berlin 40 Millionen Mark sparen. Das scheint nicht nur auf den ersten Blick ziemlich merkwürdig, es bleibt auch beim genaueren Hinsehen ein Vorschlag an der Grenze der Seriosität.

Schlimm genug, daß überhaupt 11.000 Lehrer verbeamtet werden sollen. Sie verlieren ihr Streikrecht und geraten in die verkrusteten Strukturen der Bürokratie. Aber was an Laubes Vorschlag noch merkwürdiger anmutet: Das Land würde zwar jetzt sparen, später aber vermutlich sogar mehr als den eingesparten Betrag für Pensionen zahlen müssen. Selbst der konservative Schulsenator Jürgen Klemann (CDU) wunderte sich da. Abgesehen davon, daß er behauptet, die Lehrer noch nicht jetzt, aber im laufenden Schuljahr zu verbeamten, zeigte er sich „zunächst einmal einigermaßen erstaunt über den seltsamen Sinneswandel der GEW zu der Frage der Verbeamtung von Lehrern“. Denn lehnte die GEW bisher das Beamtentum nicht aus politischen Gründen ab? Warum nur schlägt Laube die schnellere Verbeamtung als Sparbeitrag vor? Ein böser Verdacht kommt auf: Ist die angebliche politische Gängelung von Beamten gar nicht so schlimm, wenn ein geruhsamer Arbeitsalltag und Lebensabend winken? Dirk Wildt