Wall Street stürzt ins Haushaltsloch

■ US-Anleger flüchten aus Aktien und Anleihen

Berlin/Washington (taz/wps) – Die Lage muß ernst sein. US-Investoren verkaufen alles Papierene und greifen nach Gold. Am Mittwoch brach der Dow-Jones-Aktienindex um 1,9 Prozent auf 5.032,94 Punkte ein; seit Montag beträgt der Verlust sogar 3,2 Prozent. Langfristige Staatsanleihen wurden ebenfalls massenhaft abgestoßen, so daß der Zinssatz auf 6,18 Prozent kletterte. Für die Feinunze Gold jedoch mußte man zum ersten Mal seit August 1993 über 400 US-Dollar hinlegen.

Schuld sind in erster Linie die Politiker in Washington, die sich partout nicht auf einen Haushalt einigen wollen. Erst am Dienstag waren Gespräche zwischen dem Weißen Haus und dem Kongreß erneut gescheitert. Als der Chef der Republikaner, Newt Gingrich, nun sogar orakelte, daß der Streit bis zu den Präsidentschaftswahlen im nächsten November ungelöst bleiben könnte, brach bei vielen Anlegern die Panik aus. „Der Markt verträgt gute Nachrichten und schlechte Nachrichten, aber nicht keine Nachrichten“, erklärte ein Investmentbanker dem Wall Street Journal. „Der Markt haßt Unsicherheit“ – zumal wenn diese auch noch dadurch verstärkt wird, daß die Regierung nicht mehr wie sonst regelmäßig ökonomische Daten veröffentlicht.

An die Kampfhähne in Washington sendet die Börse ein deutliches Alarmsignal. „Die Leute verstehen wenig von Haushalt und Defiziten“, meint ein Meinungsforscher. „Aber wenn diese sich in konkreten Dingen zeigen wie niedrigeren Aktienkursen und höheren Zinsen, dann wird es kritisch. Dann kann man sicher sein, daß die Öffentlichkeit besorgt, wütend und noch zynischer wird als ohnehin schon.“ lieb