Durchs Dröhnland: Thüringer Thrash
■ Die wichtigsten und überflüssigsten Konzerte der kommenden Woche
Porf sind nicht nur aus Münster, sondern auch sonst komisch. Da bekommt die Katze des Bassmanns Credits, während der Produzent vergessen wurde. Das macht aber gar nichts. Das Quartett spielt eh in klassischer Rockbesetzung, ohne besondere Sounds oder Effekte zu benutzen. Was man daraus auch heute noch machen kann, ist ziemlich aberwitzig. Von billigen Tricks wie stetigem Wechsel zwischen besinnlichen und knüppelnden Passagen bis hin zu Jazz-Einflüssen lassen sie kaum etwas aus. Nur schwer hält zusammen, was nicht zusammengehört, trotzdem klingen Porf, im Gegensatz zum Beispiel zu Jesus Lizard oder King Crimson, eher selten nach Avantgarde, sondern immer nach Rock, auch wenn sie dessen Klischees aufbrechen. Über allem schwebt Stephan Rürup, der mit seiner Stimme kein Versatzstück der Rockgeschichte ausläßt, um dort seine Duftmarke zu hinterlassen. Das klingt nach intellektuellen Spielchen, aber tatsächlich kann man mit Porf auch eher niedrige Bedürfnisse befriedigen.
Heute, 24 Uhr, Café Swing, Nollendorfplatz, Schöneberg. Morgen, 22 Uhr, Schokoladen Mitte, Ackerstraße 169/170. Sonntag, 21 Uhr, Lychener Straße 60, Prenzlauer Berg
Wer glaubt, daß Monsterrock nur im Stadionformat vorkommt, kann sich von Tyketto eines Besseren belehren lassen. Nicht nur Bon Jovi, auch dieses bisher halbwegs erfolglose Quartett kann sich die Andeutung einer Eunuchenstimme und abgelutschte Gitarrenriffs leisten. Herauszuhören, warum nicht Tyketto die Platinschallplatten mit der Schubkarre nach Hause fahren, ist nahezu unmöglich. Glückliche, einfach gebaute Welt. Einzige Überraschung: Tyketto sind nicht aus L.A., sondern nennen New Jersey ihr Zuhause.
Morgen, 21 Uhr, mit Mud Slick und 7 Wishes, Huxley's Junior, Hasenheide 108, Neukölln
Legendentime this time: Foetus alias Clint Ruin alias Wiseblood alias Steroid Maximus. Die Liste ließe sich fortsetzen: In den letzten fünf Jahren hat Jim G. Thirlwell 32 Platten herausgebracht und dafür nicht weniger als 19 Pseudonyme und Projektnamen verbraucht. Ganz nebenbei hat der gebürtige Australier auch noch unzählige Remixe produziert, darunter recht prominente Namen wie Red Hot Chili Peppers, Nine Inch Nails, Front 242, Cult, Megadeth, The The, Pantera oder Prong. Auch auf seiner letzten eigenen Produktion bewegt sich Thirlwell, diesmal wieder als Foetus, in der Grauzone zwischen Rock und Industrial. Doch was er selbst losgestoßen hat, droht ihn jetzt einzuholen. Im Gegensatz zu Nine Inch Nails oder Ministry, die ganz bequem auf den Lorbeeren ruhen, die eigentlich Thirlwell zustehen würden, klingt sein Gebolze fast zurückgenommen. Es türmen sich zwar die obskuren Klänge und spritzeln und spratzeln die Effekte, aber das Ganze drängt sich bei weitem nicht so plakativ und gewalttätig auf wie bei den Epigonen. Am überzeugendsten wird es, wenn aus der Not eine Tugend gemacht wird und Thirlwell plötzlich zum Tom Waits des Industrial mutiert und in den tiefsten Tonlagen zerissen daherknödelt, während die Musik unbeteiligt und orientierungslos umhertorkelt.
So., 18.2. mit Morning Glories, 21 Uhr, Knaack, Greifswalder Straße 224, Prenzlauer Berg
Was sich als Krankheit auf vielen hoffnungsvoll erwarteten Veröffentlichungen des deutschen HipHop festgesetzt hat, läßt sich an diesem Abend schön diagnostizieren. Sowohl der Hauptact, Die Fantastischen 4 als auch CPS haben auf ihren letzten Platten versucht, jedem zu beweisen, daß sie HipHop können, und dabei gleich versucht, nahezu alle Bereiche abzudecken. Dabei kam mit „Lauschgift“ der Fan 4 zwar eine nette und mit „Firebreaka“ von CPS sogar eine sehr gute Platte raus, aber die unvermeidliche Zerrissenheit wirkt unnötig. Bei CPS ist das Dilemma schon in der personellen Konstellation angelegt: Auf der Bühne stehen die Kreuzberger in kompletter Bandbesetzung mit altmodischen Instrumenten und der HipHop-Crew aus DJs und Rappern. Deswegen können CPS ebenso butterweichen Soul wie knorke knackenden Funk spielen, träge dahingeschleppten Clintonschen P-Funk ebenso intonieren wie ein delirierendes rapping Feuerwerk. Sie können alles, und sie können es gut, aber ist das nicht etwas viel auf einmal?
Mo., 19.2., 20 Uhr, Huxley's
Darf man so fröhlich sein? Immerhin ist John Lennon tot! Ich persönlich jedenfalls finde es unangemessen, heutzutage noch aus Liverpool zu kommen und dazu noch Merseybeat zu spielen, sich die Haare in Pilzform abschneiden zu lassen und in Interviews Sachen zu sagen wie „ich will den Menschen Hoffnung geben“. Im Gegensatz zum Rest vom Britpop- Pack geben sich Cast noch nicht mal Mühe, dem Kanon von mit den Beatles begründeten Popausdrucksweisen irgend etwas Neues hinzuzufügen. Das mag sie zu ehrlicheren Menschen machen, als es Pulp, Oasis und Blur sind. Aber Cast wären noch vor wenigen Jahren als schlichte 60ies-Band schnell wieder in Vergessenheit geraten. Ich war nicht dafür, daß sich daran etwas ändern sollte.
Di., 20.2., 20.30 Uhr, Loft, Nollendorfplatz, Schöneberg
Thüringen ist ohne Zweifel weiter entfernt als, sagen wir mal, Ohio. El Rombo Guerilla wagen den Sprung aus Jena mit ihren fiesen Gitarren und ihrem noch fieseren Akzent bei den englischen Texten. Deshalb schnell wieder zu den Gitarren: Die machen mal den Punkrocker, mal den Thrash-Metaller, dann verschnaufen sie etwas, tun so, als hätten sie auch ein Faible für Anspruchsvolleres, und dann geht's wieder los. Es ist ein weiter Weg nach Thüringen, aber er kann sich lohnen.
Do., 22.2., 22 Uhr, Duncker, Dunckerstraße 64, Prenzlauer Berg Thomas Winkler
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