Abbau „werden wir dann dem Senat überlassen“

■ Interview mit Uwe Klett, Bezirksbürgermeister der PDS in Hellersdorf: Sparvorgaben des Senats hebeln die Bezirke aus. Sparziele des Senats sind nicht zu erreichen

taz: Eine Milliarde Mark sollen die 23 Bezirke in diesem Jahr einsparen; 40 Millionen sind dies für den Bezirk Hellersdorf. Wie wollen Sie dem Senat seine Sparideen wieder austreiben?

Uwe Klett: Wenn die Finanzsenatorin die Hälfte unseres Etats zur Disposition stellt, können wir nur noch die Bezirksverwaltung schließen. In dieser Frage gibt es eine einhellige Front aller Bezirke. Dies ist nirgendwo durchführbar. Egal, welche Partei den Bürgermeister stellt.

Solche schwerwiegenden Einschnitte in die Bezirksetats kann nur das Abgeordnetenhaus vornehmen. Schließlich gibt es in Berlin ein Haushaltsgesetz. Wenn der Senat die Schülerspeisung abschaffen, Kitas schließen oder Bibliotheksgebüren will, dann muß er sich politisch dazu bekennen.

Es ist doch unumstritten, daß gespart werden muß.

Alle sagen das, aber wir haben keine Debatte darüber geführt, wo gespart werden soll. Sparen wir bei den Bezirken, die sich den Bürgern als Dienstleistungsunternehmen präsentieren sollen, oder in den überdimensionierten Senatshauptverwaltungen?

Wo könnten Sie sparen?

Bis heute ist der Bezirk Hellersdorf, was öffentliche Investitionen angeht, unvollendet. Für die Sicherung der Grundschulversorgung im Bezirk ist der Schulneubau unumgänglich. Dies wird aber in der Investitionsplanung des Senats zur Disposition gestellt. Wenn ich es entscheiden könnte, wäre ich gerne bereit, zugunsten der Schulbauten auf das neue Rathaus zu verzichten.

Durch kurzfristige Eingriffe in den Bezirkshaushalt können wir kaum Einspareffekte erzielen. Wir kommen beispielsweise nicht aus laufenden Verträgen heraus. Erst mittelfristig sind Einsparungen möglich, wenn die Bürokratie in den Bezirksverwaltungen abgebaut wird. Wir müssen in der Verwaltung eine Effizienz erreichen, die Verwaltungswege vereinfacht und verbilligt. Natürlich bedeutet dies auch Freisetzung von Personal.

Wie wollen Sie den Senat von Ihren Ideen überzeugen?

Ich habe es als PDS-Bürgermeister natürlich besonders schwer, wenn ich jetzt die gerade aufgebauten Strukturen wieder in Frage stelle. Aber wir werden uns als PDS im Bezirksamt nur behaupten können, wenn wir uns bei der Reform der Verwaltungen an die Spitze setzen und Konzepte anbieten, die sich mit denen der Senatshauptverwaltung messen lassen können. Aber da müssen wir uns noch erheblich steigern.

Ich gebe gerne zu, daß ich auch Illusionen hatte, welche Innovationskraft zum Beispiel eine solche Verwaltung haben könnte. Da habe ich schon Lehrgeld zahlen müssen.

Haben viele Ostberliner nicht in der Hoffnung PDS gewählt, dann kommt es sicher nicht so schlimm?

Sicher delegieren auch viele Wähler der PDS ihre eigene Mündigkeit an Politiker ab. Wenn es der PDS allerdings nicht gelingt, diese Haltung zu durchbrechen, werden wir genauso hilflos dastehen wie engagierte Mandatsträger anderer Parteien. Angesichts eines Einsparvolumens von 40 Millionen müßten wir eigentlich die Schulen oder Kitas schließen. Aber niemand regt sich. Ich brauche überhaupt keine Vorschläge machen, die Geld kosten, wenn nicht eine sensibilisierte Öffentlichkeit dahinter steht, die sich zur Wehr setzt. Sonst habe ich in dem Machtspiel hier in Berlin keine Chance.

Wenn aller Protest nichts nützt, kommen sie doch in die Situation, daß sie den Sozialabbau im Bezirk durchsetzen müssen.

Wenn der Senat seine Sparvorgaben durchsetzt, sei es auch nur gedämpft, bin ich nicht bereit – da bin ich mir mit meinen PDS-Kollegen einig – dies in den Bezirken umzusetzen.

Das werden wir dann dem Senat überlassen. Die Berliner Verfassung läßt es doch zu, daß die Finanzverwaltung dann direkt die Haushaltsverantwortung für die Bezirke übernimmt.

Drücken Sie sich da nicht vor Ihren Aufgaben?

Damit hätte ich überhaupt keine Probleme. Dieser Haushalt hebelt die Bezirksverwaltung weit mehr aus als etwa das Landesschulamt. Da müßten wir prüfen lassen, ob dies verfassungsrechtlich überhaupt zulässig ist.

Wenn das Abgeordentenhaus die gesetzlichen Grundlagen ändert und so bezirkliche Dienstleistungen abschafft, können wir eine Debatte führen und deutlich machen, wo die Verantwortlichkeiten sitzen. Da hängt vieles dann von der Kompetenz und Durchschlagskraft unserer Abgeordnetenhausfraktion ab.

Die war in der Vergangenheit nicht sehr groß.

Da haben wir sicher eine Menge Nachholbedarf. Die Tatsache, daß bis auf zwei alle Ostberliner Bezirke von der PDS im Parlament vertreten werden, ist von der Partei noch überhaupt nicht realisiert worden. Interview: Christoph Seils