Gericht verbietet Menstruationsschwämmchen

■ Feministisches Zentrum spricht von „übertriebenen Keimvorstellungen“

Das Verwaltungsgericht hat dem Feministischen Frauengesundheitszentrum (FFGZ) den Verkauf und Vertrieb von „sogenannten Menstruationsschwämmchen“ verboten. Es bestätigte damit das im Sommer 1994 verhängte Verkaufsverbot des Bezirksamtes Schöneberg, das hygienische Bedenken angemeldet hatte. Nun tobt um die etwa sechs Zentimeter großen Naturschwämme, die in der Frauenszene seit Jahren als Ersatz für Tampons verwendet werden, ein Rechtsstreit. Das FFGZ will vor dem Oberverwaltungsgericht klagen. Dann dürfen sich erneut Richter mit der Frage befassen, wie keimfrei Menstruationsschwämmchen sein müssen.

„Konkrete Gesundheitsbeeinträchtigungen“ sind durch die Schwämmchen bislang nicht aufgetreten, räumt das Verwaltungsgericht in seinem gestern veröffentlichten Beschluß ein. Doch „rechtlich reicht die Eignung zur Gefährdung für ein Verbot aus“, erläuterte Richter Clemens Bath.

Seit fünfzehn Jahren vertreibt das FFGZ die Naturschwämme. „Einige tausend Stück“ wurden bislang pro Jahr verkauft. Von den Kundinnen kamen nur positive Rückmeldungen, erklärte FFGZ- Mitarbeiterin Cornelia Burgert.

Das Gericht beruft sich unter anderem auf eine Stellungnahme des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin. Es befand, „daß die in den Schwämmen praktisch unvermeidbar verbleibenden Blut- und Schleimhautreste einen idealen Nährboden für die ungehemmte Vermehrung pathogener Erreger darstellten.“ Die einzige Laboruntersuchung der Schwämme hatte das FFGZ selbst veranlaßt. Gegen die „gefundene Keimspezies“ bestünden „keine Bedenken“, so der Laborbericht, das Naturprodukt sollte aber auf andere Krankheitserreger untersucht werden.

„Wir haben nie behauptet, daß die Schwämme steril wären“, sagte FFGZ-Mitarbeiterin Burgert. Der Bewertung durch das Verwaltungsgericht liege aber eine „übertriebene Keimvorstellung“ zugrunde. „Ein Penis, Finger oder Tampon, der in die Vagina eingeführt wird, ist schließlich auch nicht keimfrei“, so Burgert. Die Einschätzung einer Ärztin des Freiburger Uni-Klinikums, wonach die Schwämmchen „unter ungünstigen Umständen“ das Toxische Schocksyndrom auslösen könnten, hält sie für „völlig aus der Luft gegriffen“.

Das durch Bakterien ausgelöste Syndrom trat Anfang der achtziger Jahre in den Vereinigten Staaten vereinzelt bei der Verwendung von Tampons auf. Zur gefährlichen Vermehrung der Keime komme es, weil Tampons die Vagina völlig „abstöpseln“, so Burgert. Die Schwämmchen seien hingegen luftdurchlässig.

Naturkostläden dürfen die Schwämmchen übrigens weiterhin verkaufen, aber nur zur äußerlichen Anwendung. Dorothee Winden