Keine Chance für Atheisten

■ Berliner Pastorin lehrt Telekom das Fürchten – „Aktion billiges Telefon“ jetzt auch in Hamburg / Die PDS muß draußen bleiben Von Jesco Denzel

Das Volk begehrt auf. Endlich. Allwöchentlich geht es auf die Straße, rasant wächst die Masse der Unzufriedenen, unüberhörbar wird der Protest. Leider nur gegen die Telekom. Am 18. Januar hat die Berliner Pastorin Helga Frisch die Aktion billiges Telefon gegründet, 160.000 Unterschriften hat sie schon gesammelt. Ihre Hauptforderung: die Wiedereinführung des alten Ortstarifes. Gestern vormittag gründete sie in Hamburg den ersten Ableger ihrer Bürgeraktion.

Die Vorarbeit hat hier Michael Hesemann geleistet, der schon im November gegen die gewagte Telekom-Werbeaussage zu Felde zog, wir dürften künftig gar billiger telefonieren. Wo die Volksseele kocht, ist Margarethe Schreinemakers nicht weit, und in ihre Sendung wurde Hesemann kurz vor Weihnachten geladen, wodurch wiederum Helga Frisch auf ihn aufmerksam wurde. Ein Mitstreiter war gefunden, der der Meisterin gestern 1800 in Hamburg gesammelte Unterschriften überreichte. „Gegen Ihre Erfolge bin ich ja nur ein kleines Licht“, stapelte er demütig tief, doch solcherlei Selbstzweifel waren mit einem pastoralen: „Wenn sich viele kleine Lichter zusammentun, gibt das eine große Stichflamme“ schnell vom Tisch.

Doch bei der Stichflamme soll es nicht bleiben. Ein Flächenbrand soll der Widerstand gegen die Tarifreform werden. „Der Protest weitet sich im Schneeballsystem auf alle Großstädte aus“, berichtet Helga Frisch. „Wir wollen den Volkszorn zum Ausdruck bringen, der sich zehntausendfach manifestiert.“ Beim Manifestieren hilft zuweilen das Büro für ungewöhnliche Maßnahmen, das der bisher letzten Berliner Gebühren-Demo das Motto: „Mit der Telekom zurück in die Steinzeit“ verlieh und die rund 10.000 Teilnehmer dazu animierte, die letzten Meter im Rückwärtsgang zurückzulegen.

Wird sich die Telekom dadurch einschüchtern lassen? „Wir haben sehr gute Aussichten, den Streit zu gewinnen“, erklärt Frau Frisch pfiffig: „Die Telekom will in den offenen Wettbewerb, da kann sie sich dieses Negativ-Image nicht mehr leisten.“ 300 Briefe von potentiellen Mitstreitern erhält sie täglich, und es werden ständig mehr. Jetzt hat sich die streitbare Pastorin vorgenommen, die Wahlkämpfe in Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz aufzumischen. „Von den Parteien ist bisher kaum Unterstützung gekommen“, bemängelt sie.

Das stimmt nicht ganz: Einige PDS-Ortsvereine hatten das Helga-Frisch-Aktion-billiges-Telefon-Flugblatt ungebetenerweise vervielfältigt und zusammen mit Parteibroschüren verteilt. Jedoch: Mit „diesem atheistischen Verein“ wolle sie nichts zu tun haben, verbittet sich die Pastorin diese Art von Vereinnahmung.

Heute findet um 9.30 Uhr – in aller Herrgottsfrühe sozusagen – am Mönckebergbrunnen eine Kundgebung gegen die Gebührenerhöhung statt. 10.000 Flugblätter liegen bereit. Hesemann: „Die müssen wir ja nicht alle an einem Tag loswerden.“ Frisch: „Doch, das schaffen wir.“