: Auf den Magen geschlagen
■ Ergebnisse der Lebensmittelüberwachung: Wintergemüse ist ungesund, Geflügel gammelig und Speiseeis nicht immer appetitlich Von Patricia Faller
Von wegen Gemüse ist gesund. Dieses bei Eltern äußerst beliebte Argument, um ihren Sprößlingen den ungeliebten Spinat schmackhaft zu machen, entkräftete gestern Gesundheitssenatorin Helgrit Fischer-Menzel. Sie präsentierte die Ergebnisse der Hamburger Lebensmittelüberwachung des vergangenen Jahres – und die können einem ganz schön auf den Magen schlagen.
Denn vor allem im Winter strotzt Blatt- und Wurzelgemüse wie Rettich, Spinat oder Rote Bete geradezu vor Nitraten. Bei Kleinkindern kann dies zu akuten Krankheitserscheinungen führen. Insbesondere auf Kopf- und Feldsalat sollte man im Winter verzichten. Bei letzterem waren zwölf von 13 untersuchten Proben zu stark belastet. Zusammen mit eiweißhaltigen Nahrungsmitteln wie Fleisch, Fisch oder Käse verzehrt, kann nitratreiches Gemüse sogar hochkrebserregend wirken. Nitratarm sind Eisberg- und Endiviensalat sowie Biogemüse.
Hamburgs Fischhandlungen und -abteilungen stellten die Lebensmittelüberwacher hingegen ein gutes Frische-Zeugnis aus. Ein „Mangelhaft“ hagelte es dagegen bei „frischem“ rohen Geflügel. Mehr als jede dritte Probe (36 Prozent) wurde als „ungenießbar“ beanstandet, beispielsweise wegen Oberflächenfäulnis. Bei einer Probe wurden Salmonellen nachgewiesen.
Bei Einfuhrkontrollen aus außereuropäischen Staaten wurden 400 Tonnen Fleisch und 80 Tonnen Fisch beanstandet, weil die Ware teilweise bereits verdorben war, Kaninchenfleisch aus China wies zu hohe Rückstände eines Pestizids auf. Rindfleisch aus Großbritannien entdeckten die Kontrolleure nicht, was man in der Gesundheitsbehörde auf die Selbstverpflichtung des Hamburger Fleischgroßhandels zurückführt.
Kinder, Kranke, Alte und Immungeschwächte sollten vorsichtshalber pasteurisierte Vollmich anstatt Rohmilch trinken, wegen möglicher gesundheitschädlicher Keime, warnen die Lebensmittelkontrolleure. Und auch beim Speiseeis stellten die amtlichen Kontrolleure wenig Appetitliches fest: Rund ein Drittel der Proben war bakteriologisch nicht einwandfrei, Hygienemängel seien dafür verantwortlich.
Entwarnung meinen die Fachleute aber in puncto radioaktive Belastung bei Grundnahrungsmitteln wie Milch, Fleisch, Brot und Gemüse geben zu können. Die gemessenen Werte lagen in etwa wieder auf dem Niveau von vor dem Reaktorunfall von Tschernobyl im April 1986. Nur bei den einst besonders stark belasteten Lebensmitteln wie Wildpilzen, Waldbeeren, Tee und Wildfleisch sei noch Vorsicht geboten.
Fazit der Senatorin: Die Verbraucher hätten ein zunehmend kritischeres Bewußtsein entwickeln: „Dem muß die Lebensmittelüberwachung gerecht werden, insbesondere im Hinblick auf die Kennzeichnung neuartiger Produkte.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen