Sonne bescheint Standort Wedel

■ Nach dem Aus für Solarhersteller ASE gründen ehemalige Mitarbeiter eine neue Firma für die Solarzellen-Produktion Von Heike Haarhoff

Das Revolutionäre ist getan: Die Solartechnik-Produktion in Wedel ist gerettet, kurz vor ihrem scheinbar unaufhaltsamen Untergang durch veraltete Maschinen, hohe Lohnkosten und scharfe Konkurrenz aus dem Ausland. Vier Mitarbeiter des einzigen deutschen Solarzellen-Herstellers ASE (Angewandte Solarenergie) werden zum 1. Juli aus der Firmen-Hinterlassenschaft und mit zinsgünstigen Krediten des Landes Schleswig-Holstein eine neue GmbH gründen.

Die bereits im Sommer 1995 stillgelegte Solarzellen-Produktion wird ins thüringische Erfurt verlagert. In Wedel dagegen ist der Erhalt der Solarmodul-Fertigung für Photovoltaik-Anlagen garantiert, die ursprünglich zum 31. März dicht gemacht werden sollte. Die Produktionskapazität wird auf ein Viertel reduziert, immer noch genug, um damit 250 Dächer mit preisgünstigen Zwei-Kilowatt-Anlagen zu bestücken und das Sonnenlicht in Strom zu verwandeln. Knapp die Hälfte der mittlerweile auf 32 Mitarbeiter geschrumpften Belegschaft soll weiter beschäftigt werden.

Der medienwirksamen Green-peace-Kampagne zur Förderung von Photovoltaik-Anlagen, aber auch der parteiübergreifenden Initiative des CDU-Bundestagsabgeordneten Gert Willner, des SPD-Landtagsabgeordneten Jens Vollert, des Wedeler Bürgermeisters Gerd Brockmann sowie des schleswig-holsteinischen Energieministers Claus Möller (SPD) sei der Erhalt des Standorts „in letzter Minute“ zu verdanken, sagte Firmen-Gründer Alfred Reinicke zur taz. Allen sei es darum gegangen, den „Zukunftsmarkt Solarenergie“ zu erhalten: Wichtig sei nicht, „Großserienproduktion zu betreiben“, sondern das technische Know-How an der Abwanderung ins Ausland zu hindern.

Am vergangenen Montag beschlossen Vertreter von ASE und der Kieler Landesinstitutionen bei einem Gespräch in der Investitionsbank Schleswig-Holstein – zentrales Förderinstrument der Kieler Landesregierung – die finanzielle Absicherung des Projekts. Die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft (MBG) und die Investitionsbank (IB) sollen das Startkapital in Form zinsgünstiger Kredite vorschießen. „Wir benötigen Kredite in Höhe von 2,5 Millionen Mark“, sagt Alfred Reinicke.

Die 2300 Quadratmeter große Produktionshalle müsse umgebaut, die teils mehr als zwölf Jahre alten Maschinen überholt werden. Neben der Fertigung von kristallinen Solarmodulen und Anlagentechnik wollen die Neugründer Hans-Jürgen Lowalt, Alfred Reinicke, Heiner von Riegen und Uwe Lorenzen als Vertragshändler für Großserienmodule fungieren und Ingenieurleistungen für Anlagentechnik anbieten. Ein konkurrierender Vorschlag, in Wedel eine Siliziumfabrik zu bauen, war verworfen worden, da der Siliziumzelle weniger Zukunfts- chancen eingeräumt werden als der sogenannten Graetzel-Zelle, deren Erfoschung auf Hochtouren läuft.

Bei einer SPD-Veranstaltung in Wedel wird heute Energieminister Claus Möller die Rettung des Standorts und die jüngste Zusicherung seiner Regierung, in den kommenden fünf Jahren Solarsysteme mit einer Leistung von 660 Kilowatt zu fördern, geschickt zu präsentieren wissen. – Manchmal beschleunigt der Wahlkampf eben auch positive Entscheidungen.