"Bohai Bohau"

■ Debüt im Dritten: Eine badische Geschichte nach dem letzten Drehbuch von Thomas Strittmatter (20.45 Uhr, arte)

„Zum Augias“: Wer so sein Wirtshaus nennt, muß damit rechnen, daß keiner, der in griechischen Heldensagen bewandert ist, einkehren wird. Augias – ist das nicht der griechische Weingott? Aber nein, weit gefehlt, Augias war ein Großonkel. Augias Wilhelm, der erste Wirt, und der hat bloß immer nur Bier getrunken.

Ein typischer Strittmatter-Dialog. „Bohai Bohau“, das Fernsehfilmdebüt von Didi Danquart, ist voll von solchen Gesprächen, in denen die Menschen eigentlich aneinander vorbeireden, sich aber trotzdem verstehen. „Bohai Bohau“ entstand nach dem letzten Drehbuch des im vergangenen Sommer gestorbenen Dramatikers Thomas Strittmatter. In einer Mischung aus Heimatfilm und Road Movie versammeln Strittmatter und Danquart eine Reihe skurriler Typen, die sich zum Finale in der geräumigen Küche des „Augias“ einfinden. Der wiederum befindet sich im Schwarzwald, vor den Toren Freiburgs, wo die Menschen seit Jahren für eine Umgehungsstraße demonstrieren.

„Bohai Bohau“ ist einer jener Filme, denen man Zeit lassen muß, denn erst mal passiert gar nichts. Doch dann ergeben sich auch hier jene Pärchen, die so typisch sind für Strittmatters Geschichten, in denen Freundschaften zwischen den gegensätzlichsten Menschen entstehen; auch in „Bohai Bohau“ hat ausnahmslos jede Figur ihr Pendant. Bestes Beispiel: Der badische „Augias“-Wirt Armbruster und die emsige, deutlich jüngere Schwäbin, die ihre Vorliebe für ältere Männer damit erklärt, daß es mit Männern eben wie mit dem Käse sei...

Danquart, Mitbegründer der Medienwerkstatt Freiburg und Regisseur mehrerer zum Teil preisgekrönter Dokumentarfilme („Der Pannwitzblick“), inszeniert seinen für die SWF-Reihe „Debüt im Dritten“ entstandenen Film mit einer ländlichen Gelassenheit, die perfekt zum Inhalt paßt. Das Schönste am Film aber ist die Beiläufigkeit, mit der Strittmatter und Danquart ihre Figuren einander begegnen lassen. Diese Beiläufigkeit erlaubt es ihnen zudem, eine Menge Pretiosen ganz bescheiden am Rande zu zeigen.

Am Ende nimmt die Handlung sogar noch surreale Züge an: Sämtliche Beteiligten sitzen auf einem Anhänger, der von einem Traktor quer über den Parkplatz eines Autokinos gezogen wird; sie verschwinden aus dem Bild und erscheinen prompt auf der Leinwand, die eine typische Schwarzwaldlandschaft zeigt. Tilman P. Gangloff