Hin und Her bei der Entwicklungshilfe

Die Drittweltszene zittert: Werden die regierungsunabhängigen Organisationen doch gedrückt? Was wird aus Springers Schule für Drittwelt-Journalisten? Bleiben DSE, DED und DIE in Berlin?  ■ Von Christian Füller

Die Zitterpartie um die Berliner Nord-Süd-Institutionen geht weiter. Am Mittwoch abend hatten Haushaltspolitiker von CDU und SPD noch Entwarnung gegeben. Der Etat der entwicklungspolitischen regierungsunabhängigen Organisationen (NRO) der Stadt bleibe von Kürzungen verschont. Die vielen kirchlichen und privaten Initiativen der Nord-Süd-Bildungsarbeit sollen weitgehend ihre Zuschüsse von 850.000 Mark behalten. Gestern nachmittag widersprach dem der Sprecher von Wirtschaftssenator Elmar Pieroth (CDU): Es gebe keine Sicherheit, „bevor der Hauptausschuß getagt hat“.

„Die NROs der Stadt sind mit einem blauen Auge davongekommen, das Nord-Süd-Zentrum Berlin nicht“, warnte der entwicklungspolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Anselm Lange. Wie Lange forderten Sprecher Berliner NROs, das Geflecht aus Einrichtungen der Entwicklungszusammenarbeit zu stärken, anstatt es zu beschneiden. Zum Nord-Süd-Zentrum Berlins wird die Vielfalt an nichtstaatlichen Initiativen gezählt, die für eine gerechte Weltwirtschaftsordnung eintreten. Ein anderes Standbein Berlins sind die quasistaatlichen Einrichtungen DIE, DED und DSE, die vor allem Entwicklungshelfer ausbilden.

Das blaue Auge hat vorerst das Internationale Institut für Journalismus. Dessen Budgetzuschuß will Berlin von 750.000 auf 220.000 Mark zusammenkürzen. So steht es jedenfalls im Nachtragshaushalt. Pieroths Sprecher meinte dagegen, das Institut solle weiterleben, daher werde vermutlich bei dem Institut weniger als die jetzt geplanten 530.000 Mark eingespart. Auf lange Sicht müsse es aber in eine andere Trägerschaft übergehen. Das von Axel Springer 1962 initiierte Institut trüge laut Nachtragshaushalt ganz allein die Kürzungen im Etat der Berliner Entwicklungszusammenarbeit. „Wenn die uns um eine halbe Million Mark kürzen, dann ist es aus“, kommentierte der Kursleiter des Instituts, Peter Prüfert. Die Leitung des Hauses hatte erst gestern von dem Etatschnitt erfahren. Private Zuschüsse habe das Institut vergeblich einzuwerben versucht, sagte Prüfert, unter anderem in Verlegerkreisen und bei der Bertelsmann-Stiftung. Bereits 1970 hatte der Springer-Konzern seine Unterstützung eingestellt.

Das Nord-Süd-Zentrum Berlin verliert aber womöglich weitere renommierte Einrichtungen der Entwicklungspolitik. Im Zuge der Abwicklung der landwirtschaftlich- gärtnerischen Fakultät der Humboldt-Universität würde zum Beispiel das international anerkannte Seminar für Landwirtschaftliche Entwicklung ebenfalls dichtgemacht. Auch der Verbleib der drei halbstaatlichen deutschen Entwicklungsdienste an der Spree ist fraglich. Das Abgeordnetenhaus hatte auf Initiative der Grünen den Senat beauftragt, die drei halbstaatlichen Institutionen „Deutsche Stiftung für internationale Entwicklung“ (DSE), den „Deutschen Entwicklungsdienst“ (DED) und das „Deutsche Institut für Entwicklungspolitik“ (DIE) in Berlin zu halten.

Dem Vernehmen nach hat das Thema für den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) hohe Priorität. Bereits vor dem Parlament habe sich Diepgen um die renommierten Institute bemüht, hieß es in der Senatskanzlei. Ein Treffen seines Kanzleichefs Volker Kähne mit den zuständigen Staatsekretären des Bundes sei geplatzt. Diepgen sei auch unzufrieden mit den harten Sparvorgaben für die Berliner NROs gewesen. Dies hätte seine Bemühungen in Bonn konterkariert.

In Bonn bestätigte der Sprecher des Entwicklungshilfeministers, Wolfgang Kanera, daß der Umzug von DIE, DED und DSE keine abgemachte Sache sei. Im Umzugsgesetz heiße es lediglich, Bonn solle sich um die drei Entwicklungsinstitute bemühen. Kanera sagte, der Umzug des DIE müsse in jedem Fall kooperativ erfolgen, weil Berlin Gesellschafter sei.