Die Gebrüder März stürzten ab

■ Der bayerische Fleisch- und Bierkonzern geht in Konkurs

Augsburg (taz) – Die Rosenheimer Gebrüder März AG hat am Mittwoch Konkurs angemeldet. Der Vergleich, den sie vor nur einem Monat wegen Zahlungsunfähigkeit beantragt hatte, war zuvor gescheitert. Die Gläubigerbanken hatten dem Vergleich keine Chancen mehr eingeräumt. Der zum Konkursanwalt bestellte Anwalt Werner Folger meint, dazu hätten dem einstigen Fleisch- und Bierimperium mit früher über zwei Milliarden Mark Jahresumsatz rund 20 Millionen Mark gefehlt. Bei den noch 2.100 Mitarbeitern geht nun die Angst um.

Dabei hatte alles so gut angefangen. Man schrieb das Jahr 1948, als unter der Federführung von Josef März der angestammte Milchladen und die Molkerei zu einem regionalen Großhandel für Molkereiprodukte ausgebaut wurden. Der Seniorchef begann zusätzlich mit dem Käseexport nach Italien, gründete einen Pferde-, Fleisch- und Viehhandel und die Fleischwarenfabrik Marox.

Was für März allerdings weit bedeutender wurde, war das Ost- West-Geschäft. Die enge Freundschaft zum CSU-Übervater Franz Josef Strauß machte sich für Josef März, den langjährigen CSU- Schatzmeister von Oberbayern, bezahlt. Auf seinem Landgut Spöck wurde 1983 von Strauß und dem DDR-Devisenbeschaffer Alexander Schalck-Golodkowski der Milliardenkredit für die DDR ausgehandelt.

Die guten Ost-West-Kontakte sollten sich noch lohnen. So wurden beispielsweise Kälber aus Polen, der ČSSR oder der UdSSR sowie anderen Comecon-Ländern zins- und steuergünstig in das Comecon-Land DDR verbracht, dort gemästet und anschließend in die damalige EG eingeschleust. Die DDR war nach bundesdeutschem Recht kein Ausland, und da die Schlachtpreise im Ostblock weit niedriger waren als in der EG, wurden ganz erhebliche Gewinne eingefahren. Formell lief alles korrekt ab. Die Kontingente für die Viehimporte wurden zwischen der BRD und der DDR jährlich ausgehandelt und öffentlich ausgeschrieben. Zum Zug kamen jedoch nur die von Schalck-Golodkowskis Kommerzieller Koordinierung (KoKo) als Außenhandelspartner akzeptierten Firmen.

Ein einstiger März-Konkurrent, der Ex-Südfleisch-Vorstand Professor Gottfried Wolff, sprach im Zusammenhang mit diesen Ausschreibungen von einer „reinen Farce“, und der Freistaat Bayern stand ob dieser Geschäfte sogar kurz vor einem Bauernaufstand. Überfälle auf März-Lastzüge waren schon bis ins Detail geplant, scheiterten aber, weil die Pläne vorzeitig bekannt wurden.

Mit dem Fall der Mauer begannen die Probleme. Bis dahin hatte sich die März-AG in aller Stille zu einem wahren Imperium entwickelt. 1990 ging der Konzern an die Börse. Aber während nach außen hin alles noch nach heiler Konzernwelt aussah, waren für Insider die eklatanten Managementschwächen schon deutlich zu sehen.

Ein wahrer Kaufrausch schien die neuen März-Gewaltigen gepackt zu haben. Von Reemtsma wurde die Frankfurter Henninger- Gruppe gekauft, die Eku kam dazu, Tucher und die Kurpfalz- Sektkellerei. Die Bad Windsheimer Heil- und Mineralquellen wurden dem Konzern ebenso einverleibt wie die Wilhelmsthaler Mineralbrunnen GmbH. Auch ins Computer- und Immobiliengeschäft stiegen die Märzens ein. Schließlich folgte der vermeintlich geniale Schachzug mit Moksel in Buchloe: Für 300 Millionen Mark erwarb 1992 die Gebr. März AG ein Drittel des Aktienpaketes vom Erzrivalen Moksel, der ebenfalls tief in den roten Zahlen steckt.

Der unaufhaltsame März-Abstieg wurde mit einem schmerzhaften, scheibchenweisen Ausverkauf eingeläutet. Zunächst ging Ende 1994 die einstige Brauereiperle Bavaria-St. Pauli (Spitzenmarke Jever) für 400 Millionen Mark an die Brau und Brunnen AG in Dortmund. Doch auch die weiteren Teilverkäufe sowie die Revirements in der Konzernspitze brachten nichts. Die zwölf Pool-Banken unter der Federführung der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank AG sperrten dann vor gut einem Monat die Kredite und stoppten den bereits besiegelten Verkauf der Eku-Brauerei an die Kulmbacher Reichelbräu.

„Kaum bröckeln die Politbeziehungen ab, ist es aus mit der Herrlichkeit“, sagt ein Insider aus dem März-Umfeld. Außerdem müßten sich die Banken, allen voran die Bayern-Hypo, den Vorwurf gefallen lassen, lange tatenlos zugesehen zu haben. Ein Unternehmensberater, der sich intensiv mit März beschäftigt hat, vertritt gar die Ansicht, der Konzern sei von den Banken zu seinen merkwürdigen „Einkaufsfeldzügen“ genötigt worden. Ob die Henninger-Bräu, die Mineralbrunnen- und Keltereitöchter sowie der schwer angeschlagene Moksel-Konzern wirklich überleben werden, wie immer wieder beteuert wird, ist zur Zeit mehr als fraglich. Klaus Wittmann