Israelische Angriffe auf Beirut

Luftangriffe auf den Sitz der Hisbollah in der libanesischen Hauptstadt sollen als Warnung an die Regierungen in Beirut und Damaskus dienen. Über die Opfer wird geschwiegen  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Israelische Kampfhubschrauber haben gestern die libanesische Hauptstadt Beirut angegriffen. Ziel der Attacke war der Sitz der schiitischen Hisbollah im Süden der Stadt. Laut libanesischen Angaben wurden dabei vier Zivilisten getötet. Über weitere Opfer wurde nichts bekannt.

Libanesischen Quellen zufolge sollen israelische Kriegsschiffe gleichzeitig auch andere Ziele in Beirut unter Beschuß genommen haben. Zuvor hatte die israelische Luftwaffe Ziele in der Nähe von Ba'albek im Beka'atal angegriffen. Der Angriff bildete die größte militärische Offensive Israels im Libanon seit der Operation „Rechenschaft“ im Juli 1993. Nach Aussage des israelischen Stabschefs Amnon Lipkin Schahak sollte der Angriff deutlich machen, daß die Hisbollah bei der libanesischen Zivilbevölkerung keinen Unterschlupf finden dürfe. Desweiteren solle signalisiert werden, das Israel nicht bereit ist, Bombardierungen seiner nördlichen Landesteile hinzunehmen.

Nach der Operation „Rechenschaft“ trat eine stille Abmachung in Kraft, nach welcher die Hisbollah nordisraelische Ziele bombardiert, wenn die libanesische Zivilbevölkerung nördlich der von Israel besetzten „Sicherheitszone“ im Südlibanon durch israelische Angriffe zu Schaden gekommen ist. Die letzten Kämpfe waren durch eine Explosion in dem nördlich der „Sicherheitszone“ gelegenen Dorf Baraschit ausgelöst worden. Dabei war ein 16jähriger Junge getötet und einige andere Kinder verletzt worden. Die Hisbollah behauptet, die Explosion sei durch eine israelische Mine verursacht worden. Israelische Militärs erklärten dagegen, die Kinder hätten mit alter Munition gespielt.

Die Hisbollah reagierte am Dienstag auf die Explosion, indem sie die nordisraelischen Ortschaften Kiriat Schona und Nahariya mit Katjuscharaketen beschoß. Dabei wurden einige Israelis verletzt und eine Reihe von Häusern beschädigt. Unmittelbar danach gab das israelische Kabinett dem Ministerpräsidenten und Verteidigungsminister Schimon Peres grünes Licht für den Angriff auf Beirut. Der bisherigen Politik der „Zurückhaltung“ wurde damit ein Ende gesetzt.

In der letzten Zeit hatte sich Israel bei ähnlichen Konflikten auf diplomatische Interventionen der USA in Beirut und der syrischen Hauptstadt Damaskus beschränkt. Diesmal wollte Israel jedoch selbst seinen Denkzettel in die Hauptstädte der nördlichen Nachbarn tragen. Amtliche israelische Stellen machen kein Geheimnis daraus, daß der Luftangriff auf Ziele im Beka'atal als Warnsignal an Damaskus gemeint ist. In der Region sind syrische Truppen stationiert. Die Beschießung von Zielen in Beirut solle dagegen die libanesischen Behörden zu Maßnahmen gegen die Hisbollah mobilisieren, heißt es in Jerusalem.