Chance für Mindestlöhne am Bau gestiegen

■ Schlichter legt Kompromiß vor: 1,85 Prozent mehr Lohn für Bauarbeiter

Berlin (taz/dpa) – Die Chance, daß noch in diesem Jahr auf allen deutschen Baustellen Mindestlöhne eingeführt werden, ist gestiegen. Der unparteiische Schlichter im Tarifstreit des Baugewerbes, Hans Apel, konnte in der Nacht zu Donnerstag ein Kompromißpaket vorlegen, das eine Lohn- und Gehaltserhöhung von 1,85 Prozent und Mindestlöhne auf deutschen Baustellen vorsieht. Nach dem Schiedsspruch von Exbundesminister Hans Apel müssen die Tarifparteien der Einigung noch innerhalb einer 14tägigen Erklärungsfrist zuzustimmen. Der Vorsitzende der IG Bauen–Agrar–Umwelt, Klaus Wiesehügel, sagte im „ZDF-Morgenmagazin“, er sei mit dem Abschluß „nicht ganz unzufrieden“, doch sei sein Ziel eine Zwei vor dem Komma gewesen.

Zuvor hatten sich die Tarifparteien darauf geeinigt, stufenweise Mindestlöhne einzuführen. Danach soll im Westen vom 1. April an auf den Baustellen ein Mindestlohn von 15,30 Mark gezahlt werden, der bis Anfang Dezember auf 18,60 die Stunde steigen soll. In Ostdeutschland beträgt der Mindestlohn ab 1. April 14,08 Mark und steigt innerhalb eines Jahres etappenweise auf 17,11 Mark.

Die vereinbarten Mindestlöhne müssen noch vom Tarifausschuß beim Bundesarbeitsministerium für allgemein verbindlich erklärt werden. Dem Ausschuß gehören jeweils drei Vertreter der Gewerkschaften und der Arbeitgeber an. Besonders die Zustimmung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) ist zweifelhaft. Bundesbauminister Klaus Töpfer (CDU) appellierte gestern an die Verantwortlichen, den Kompromiß über die Mindestlöhne schnell für allgemein verbindlich zu erklären.

Mit der Festlegung von Mindesttarifen würde das bereits verabschiedete Entsendegesetz wirksam. Nicht in Deutschland ansässige Beschäftigte auf dem Bau dürften dann nicht mehr schlechter bezahlt werden als in den Mindestlöhnen vereinbart. Dadurch würde ein Teil der Wettbewerbsverzerrung vermieden, erklärte gestern Harald Schröer vom Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB). Allerdings sind für die Arbeitskräfte ausländischer Firmen nach wie vor niedrigere Lohnnebenkosten fällig, so daß deren Beschäftigung immer noch billiger sein dürfte als die Arbeitskosten für hier ansässige Arbeiter.

Insgesamt 2.300 Angestellte der Bundesanstalt für Arbeit sind bundesweit für die Verfolgung illegaler Beschäftigung, des Leistungsmißbrauchs und künftig auch des Entsendegesetzes zuständig. Eine routinemäßige flächendeckende Kontrolle dürfte damit schwer werden, hieß es gestern bei der Bundesanstalt. BD