■ Standbild: Bildertortentupfer
„Adieu, mon ami“, Mi., 20.15 Uhr, ARD
Waisenkind Dagmar ist vom ausgebombten Hamburg in ein bayerisches Dorf gekommen. In einer Gärtnerei findet sie freundliche Aufnahme. Sie puhlt Schnecken aus dem Salat und verliebt sich in den französischen Zwangsarbeiter Laurent.
Mit sichtbarem Aufwand hat Regisseur Franz Peter Wirth die kleine Welt in Szene gesetzt – allerdings nicht zwecks Genauigkeit der Beobachtung, sondern zum Abschleifen von Ecken und Kanten. Die Realität aus der Sicht der zehnjährigen Dagmar erscheint wie in Watte gepackt, die einzelnen Charaktere treten nur holzschnittartig hervor. Entsprechend humor- und bruchlos zieht sich die erste Stunde, bis Dagmar ihren Laurent aus den Augen verliert.
Nach über zwanzig Jahren treffen sie sich wieder. Laurent lädt Dagmar auf ein pompöses Loire-Schloß ein, die Frösche quaken, und er fährt die besten Weine auf. Überdeutlich ist Laurents Zögern ihr gegenüber in Szene gesetzt. Und Dagmar, die Ahnungslose, ist so verständnisvoll. Wie soll er ihr nur sagen, daß er schwul ist?
Die Betulichkeit, mit der Wirth die dünne Problematik in Szene setzt, läßt kaum Platz für die inneren Nöte und Zwänge der Charaktere. Die Darsteller entwickeln kein Leben, wirken wie Sahnetupfer auf einer opulenten Bildertorte. Constanze Engelbrecht ist und bleibt Constanze Engelbrecht. Und wenn Hanns Zischler in schwarzer Kutsche über eine malerische Bogenbrücke fährt, weiß man, daß diese Liebe tragisch endet. Doch diese Tragik wird auf dem Niveau einer Hans-Meiser- Talkshow abgehandelt. Den einzigen ironischen Zwischenton, den Wirth sich gestattet: vom Loire-Schloß aus hat man einen guten Blick auf das nahe Atomkraftwerk. Manfred Riepe
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