Guerillakrieg ohne Ende

Seit 50 Jahren kämpfen in Birma ethnische Minderheiten um Autonomie. Heute ist die Zentralregierung stark wie nie zuvor. Die meisten Rebellen haben die Waffen niedergelegt. Der größte Teil der Karen jedoch nicht  ■ Fotos von Martin Kirchner

Fast fünfzig Jahre währt der Guerillakrieg nun schon im Vielvölkerstaat Birma. Fast eine Million Menschen sind im Land auf der Flucht – vor den Kämpfen, vor Übergriffen der Soldaten, vor der Zwangsarbeit. In den Lagern und Orten jenseits der Grenze, vor allem in Thailand, leben rund hunderttausend Flüchtlinge. Die Militärjunta in Rangoon, die sich State Law and Order Restauration Council (SLORC) nennt, sitzt dennoch fest im Sattel. In den vergangenen zwei Jahren konnte sie Waffenstillstandsabkommen mit rund 15 aufständischen Minderheiten im Land schließen. Ihre Truppen überrannten die wichtigsten Stützpunkte der Rebellen-Organisation Karen- National Union (KNU) und der prodemokratischen Opposition. Das 20jährige Karen-Hauptquartier Manerplaw fiel. Und das war zugleich das faktische Ende der gemeinsamen „Gegenregierung“ von Regimekritikern aus der birmanischen Bevölkerungsmehrheit und Vertretern ethnischer Minderheiten, die seit Anfang der neunziger Jahre im von den Karen kontrollierten Grenzgebiet Unterschlupf gefunden hatten. Die von ehemaligen Studenten aus Rangoon und anderen Oppositionellen gegründete „Allbirmesische demokratische Studentenfront“ ABSDF wurde ebenso wie die Karen-Soldaten in den Dschungel zurückgetrieben. Innerhalb der Karen kam es zur Spaltung, ein Teil ihrer Kämpfer lief zur Regierung über. Gespräche der KNU-Füh

rung mit der Regierung über einen möglichen Waffenstillstand waren bislang ohne Ergebnis, die Regierung weigert sich, die Autonomieforderungen der Karen zu akzeptieren. Die Kämpfe gehen weiter.

Nachdem SLORC im Sommer vergangenen Jahres die charismatische Oppositionsführerin und Nobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi aus sechsjährigem Hausarrest entließ, wurden auch auf internationaler Ebene die Stimmen lauter, die dafür plädierten, Birma aus der Isolation zu holen. Gute Geschäfte mit Holz, Erdgas, Öl, Edelsteinen und anderen Rohstoffen locken. Investoren strömen ins Land, vor allem aus den Nachbarländern und Japan, aber auch US-amerikanische und westeuropäische Konzerne. Die südostasiatische Staatengemeinschaft Asean erwartet, Birma in nicht allzu ferner Zugkunft aufzunehmen. Und China, das sich über Birma einen Zugang zum Indischen Ozean erkaufen will, rüstet das birmesische Militär mit großzügigen Waffenlieferungen aus.

Die Generäle in Rangoon versuchen nun, günstige Rahmenbedingungen für die dringend benötigten ausländischen Investitionen zu schaffen – allerdings ohne politische Zugeständnisse an die Regimekritiker im Land. Wer gehofft hat, daß die Freilassung Aung San Suu Kyis die zersplitterte und eingeschüchterte Opposition mit neuem Leben und neuer Kraft erfüllen würde, sah sich enttäuscht. Die Junta hält die Bevölkerung des 34-Millionen-Staates weiterhin mit eisernem Griff nieder, für die großen Infrastrukturprojekte werden ganze Dörfer zwangsrekrutiert. Folter, Mißhandlungen und Sklavenarbeit sind unverändert an der Tagesordnung. Petra Scheiblich/li