Ist Parthenogenese frauenfeindlich? Von Klaudia Brunst

Die Ostertage waren alles in allem ganz schön gewesen. Das Päckchen meiner Eltern kam in diesem Jahr wider Erwarten pünktlich (und nicht nur die rote Karte von der Post), so daß wir sogar genug Naschwerk hatten, um unsere Nachbarin in der Karwoche auf einen Kaffee einzuladen.

„Apropos Ostern!“, nuschelte sie gutgelaunt, während sie sich unsere teuren Niedereckereier in den Mund stopfte. „Neulich habe ich gehört, daß das mit der Parthenogenese doch klappt!“ – „Was hat denn die Jungfernzeugung mit Ostern zu tun?“, fragte mein schwuler Freund interessiert nach, der nämlich selbst zehn Jahre nach seinem Abitur immer noch sehr stolz auf seine Zwei im Bioleistungskurs ist. „War das denn nicht an Ostern, das mit Maria und der jungfräulichen Empfängnis und so?“, wurde unsere Nachbarin etwas unsicher. „Was du meinst, ist die Parthenogenesis“, wurde mein schwuler Freund nun unterträglich besserwisserisch. „Zu deutsch Jungfrauengeburt. Aber die feiern wir nicht Ostern, sondern Weihnachten.“ Parthenogenese dagegen sei die eingeschlechtliche Fortpflanzung, wie sie die Honigbienen, Hummeln, Ameisen und Farne betrieben, um allerdings – anders als bei der herkömmlichen Fortpflanzung – nur haploide, also genetisch identische Nachkommen zu bilden.

„Genau das meine ich ja!“, entgegnete unsere Nachbarin unwirsch. „Das soll jetzt nämlich gehen. Daß zwei Frauen miteinander ein Kind zeugen können. In Italien haben sie das angeblich sogar schon gemacht.“

Da waren wir nun doch platt. „Und wie wollen die das machen?“, wunderte sich mein schwuler Freund, nun selbst etwas unsicher. „Extra-uterin, natürlich!“, triumphierte unsere Nachbarin und schob sich das letzte Niedereckerei auch noch in den Mund. „Das machen sie ja schon lange, daß sie die Eizelle im Reagenzglas befruchten. Dazu muß dann aber die Eihülle angepiekst werden, weil die aufgetauten Spermien das alleine nicht mehr schaffen. Und nun haben sie festgestellt, daß – wenn man da in das Loch einfach einen Teil einer anderen weiblichen Eizelle reinschießt – das dann eben auch geht.“ Ungeahnte Möglichkeiten warteten da auf uns, fand sie. Nicht nur das persönliche Glück einzelner stünde bei diesen Forschungen auf dem Spiel. Da ginge es um viel mehr – weswegen die ganze Sache natürlich nur streng geheim betrieben würde.

„Politischer Sprengstoff allererster Güte ist das!“, meinte sie verschwörerisch, und daß ein eigener Frauenstaat, der sich ganz autonom, weil ohne Männer, regenerieren könne, damit nun in greifbare Nähe gerückt sei. „Wenn sich da alle Lesben zusammentäten – man stelle sich das einmal vor!“

„Das sind ja wirklich ganz neue Perspektiven“, fand nun auch meine Freundin, die sich gegen meinen schwulen Freund als Kindsvater bisher gewehrt hatte, weil er und ich stark kurzsichtig sind und sie ihrem Sohn ein Leben mit Brille gerne erspart hätte.

„Das mit dem Sohn kannst du dir dann aber abschminken“, schnippte mein schwuler Freund, „das geht ohne uns sowieso nicht. Wegen der Y-Chromosomen, die ihr dann ja gar nicht habt.“

„Das ist aber frauenfeindlich“, moserte meine Freundin, „wo es Männer im Leben doch so viel leichter haben!“