■ Das Portrait
: Andi Brehme lebt!

Fußballer Andreas Brehme schoß den DFB zum WM-Titel – und nun Kaiserslautern Richtung 2. Liga Foto: pmk

Die Tugenden des Andreas Brehme waren die größten Tugenden, die ein Fußballer haben kann: Der Mann hatte keine Nervenprobleme. Woraus folgte: Er machte keine Fehler. Weil dazu gewisse Fertigkeiten kamen, war Brehme in den frühen Neunzigern der perfekteste Fußballer Deutschlands. Das muß stimmen, Beckenbauer hat es gesagt. Doch nun, wo sein 1. FC Kaiserslautern so nah am Abgrund namens 2. Bundesliga steht wie selten zuvor? Schießt er ein Eigentor, das zum mittwöchlichen 1:2 in Düsseldorf führt. Vergibt zuvor beim 0:0 gegen Schalke einen Elfmeter.

Was ist da los? Sagen wir mal: Brehme hat zwar bei Europas wichtigen Vereinen (Inter Mailand, äh, Bayern München) gespielt, dabei aber nie den Fehler gemacht, sich unnötig zu verausgaben. Schon gar nicht jenseits des Platzes. Dafür pflegte er weise Lothar Matthäus vorauszuschicken bzw. nicht zurückzuhalten. Als jenem im WM-Finale 1990 beim Elfmeterpfiff schwindelte, ging Brehme hin und schoß den Ball rein. Einfach so. Den Helden durfte dann wieder Matthäus geben.

Wenn der gebürtige Hamburger etwas sagen sollte, dann pflegte er das so geschickt zu erledigen, daß außer der obligatorischen Einleitung („Ich sach mal“) nichts Greifbares hängenblieb. Brehme spielte Fußball. Danach ging er nach Hause. Das war sein Geheimnis.

Im hohen Fußballeralter von 35 und mittlerweile ohne jene Minimalbeschleunigung, die ihm zuvor genügt hatte, um fehlerlos bleiben zu können, hat Brehme aus irgendeinem Grund plötzlich angefangen, sich zu engagieren. Immer wieder hatte irgendeiner den Kaiserlauterer Spielführer um Rat, nach Analysen gefragt. Als man den Trainer Rausch unter angeblicher präsidialer „voller Hochachtung“ davonjagte, waren dann selbst Brehme die distanzierten Floskeln ausgegangen. „Lüg mich nicht an“, donnerte er dem Manager Geye entgegen, als der Intrigen-Unschuld beteuerte, und setzte dessen sofortige Beurlaubung durch.

Andreas Brehme wollte nicht, daß Trainer Rausch ging! Andreas Brehme fürchtet, daß der FCK absteigen könnte! Damit ist es spät, aber nicht zu spät bewiesen: Andreas Brehme ist ein Sterblicher. Dem nichts Menschliches fremd ist. Gefühle, Ängste, Fehler! Ist das nicht Leben? Und mithin wunderschön. Nur freilich bitter für den 1. FC Kaiserslautern. pu