„Tempo“ auf null

■ Seit gestern gibt es wieder ein traditionsreiches Lifestyleblatt weniger

Berlin (taz) – Der Tod kam plötzlich, aber nicht unerwartet. Mitten in der Produktion erfuhr die Redaktion des Zeitgeistblattes Tempo gestern, daß der Laden dichtgemacht wird. Nachdem der Zeitgeist mittlerweile durch Lifestyle abgelöst ist und der alte Konkurrent Wiener auch schon das Zeitliche gesegnet hat, ist damit auch der Vorreiter des Zeitgeistes vom Markt. Nach einer kurzen Phase, in der man sich an einem ambitionierten Reportagemagazin versuchte, rutschte die Auflage immer weiter, Ende 1995 verkaufte man gerade noch 106.000 Exemplare – gerade die Hälfte von Max oder Prinz.

Vor allem aber sanken die Anzeigeneinnahmen in einem Jahr um neun Prozent. Die ersten drei Nummern dieses Jahres hatten durchschnittlich nur noch 15 Seiten Werbung. Auch mit dem Hang zu nacktem Fleisch auf dem Cover und zugehörigen Ratgebertiteln („Wie verführen moderne Mädchen“) schaffte es Chefredakteur Walter Mayer, der zeitweise gleichzeitig Prinz dirigierte, nicht, den Trend zu stoppen.

Jetzt hat sich Thomas Ganske, Chef des Jahreszeiten-Verlags, entschlossen, den Minusmacher loszuwerden. Offenbar setzt er lieber auf sein Lieblingsprojekt Die Woche. Die macht zwar vorläufig auch noch hohe Verluste, doch um sie zu verringern, hat sich Ganske im Herbst den Burda-Verlag mit 25 Prozent einsteigen lassen. Der Ausstieg aus Tempo war da nur folgerichtig. MR