: Nato-Osterweiterung
■ Ludger Volmer will Fraktion der Grünen zur Entscheidung zwingen
Bonn (taz) – Zu einem ungünstigen Zeitpunkt droht den Bündnisgrünen ein neuer Konflikt um die Folgsamkeit der eigenen Bundestagsfraktion gegenüber außenpolitischen Beschlüssen der Partei. Die Abgeordneten Ludger Volmer und Winfried Nachtwei stellten gestern in Bonn ein Papier vor, das die Nato-Osterweiterung kategorisch ablehnt. Die Thesen sollen am Wochenende vom Länderrat der Bündnisgrünen in Erfurt gebilligt und anschließend von der Fraktion in den Bundestag eingebracht werden.
Ziel des Antrags sei nicht, einen Konflikt innerhalb der Fraktion zu provozieren, versicherte Ludger Volmer gestern. Vielmehr gehe es darum, aus sicherheitspolitischen Gründen die anderen Parteien noch vor dem Nato-Rat im Juni zur Diskussion über die Osterweiterung zu zwingen. Der Außenpolitiker warnte davor, Rußland könne sich gezwungen sehen, dem erweiterten Bündnis „eigene Militärblöcke entgegenzusetzen“. Der Antrag stimme mit den Parteibeschlüssen überein, so Volmer.
Die Abgeordnete Waltraud Schoppe, eine Befürworterin der Nato-Osterweiterung, warf ihrem Kollegen Volmer vor, er wolle den Antrag nur einbringen, „um bestimmte Leute vorzuführen“. Volmer nutze das Parlament für innerparteiliche Streitigkeiten, sagte Schoppe: „Das finde ich erbärmlich.“ Aber auch Gegner der Nato- Osterweiterung innerhalb der Fraktion sind offenbar nicht bereit, sich nun öffentlich festzulegen. Während der schwierigen Auseinandersetzungen in der Wirtschafts- und Sozialstaatsdebatte wollen sich die Abgeordneten keinen lähmenden außenpolitischen Streit aufzwingen lassen. Als denkbar unklug gilt es zudem, während des laufenden Präsidentschaftswahlkampfes in Rußland Rücksichtnahmen auf die Positionen russischer Antidemokraten zu formulieren. Mit Verweis auf die absehbare Isolation der Bündnisgrünen innerhalb des Bundestags hieß es gestern in der Fraktion: „Wir werden uns nicht als Russenknechte vorführen lassen.“
In Erfurt, so erwartet zumindest Ludger Volmer, werde der Länderrat den Antrag mit breiter Mehrheit billigen. Als entscheidend für den Verlauf des Konflikts gilt nun, ob das höchste Beschlußgremium zwischen den Parteitagen die eigene Fraktion am Wochenende explizit auffordert, den Antrag auch in den Bundestag einzubringen. Ein neuer Streit um Weisungsrecht zwischen Parteigremien und Fraktion wäre dann kaum zu vermeiden. Hans Monath
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