Die Sache mit dem Haken Von Klaudia Brunst

„Und wo ist der Haken?“ fragte unsere Nachbarin interessiert. „Ich meine, da ist doch irgendein Haken dran!“ Natürlich hatten wir uns diese Frage auch schon gestellt. Wenn man schon länger auf Wohnungssuche ist, und wir sind schon ziemlich lang auf Wohnungssuche, dann erscheinen einem bald diejenigen Wohnungen, die nicht zu teuer, nicht in der Hand von Scientologen, nicht zu klein und nicht verschnitten sind, am Ende erheblich suspekter als die arschteuren Rattenlöcher.

„Also, die Wohnung ist nicht gerade hell“, versuchte ich das Mißtrauen unserer Nachbarin zu befriedigen. „Aber sie ist auch nicht dunkel!“ widersprach meine Freundin sofort, wandte dann aber ihrerseits ein, daß sie „nicht wirklich billig“ sei. „Aber auch nicht richtig teuer!“ meinte ich nun reflexartig, aber da meinte dann unsere Nachbarin wieder, daß doch irgendwo ein Haken versteckt sein müsse, weil die Wohnung sonst doch längst weg sei, und daß wir nur noch nicht ordentlich danach gesucht hätten.

„Na ja“, gab meine Freundin nun widerwillig zu, da sei ja noch die Sache mit der Provision. Die wolle der Makler partout in bar, was ja schon etwas verwegen sei. „Allerdings!“ rief unsere Nachbarin, die zwar eilfertig versicherte, keineswegs persönliche Interessen am Scheitern der Verhandlungen zu haben, aber uns nun doch dringend davor warnen müsse, sich auf diese Art antiquierten Zahlungsverkehr einzulassen. „Am Ende steht ihr gemeinsam mit zwanzig anderen Familien vor eurer Traumwohnung und stellt fest, daß man euch allen Schlüssel ausgehändigt hat, die gar nicht zu der Tür passen.“ Alles schon dagewesen. „Und der Makler, der natürlich gar kein Makler ist, ist dann längst mit eurer Provision über alle Berge.“ Auch diese Möglichkeit hatten wir uns natürlich längst zurechtgelegt.

Aber der Makler hatte nicht nur einen recht unordentlichen Eindruck gemacht (was für einen Betrüger ja eigentlich eher unklug wäre), sondern uns zudem eine Visitenkarte überreicht, auf der eine Telefonnummer stand, unter der sich tatsächlich jemand gemeldet hatte. Zwar nicht er selbst, wie wir zugeben mußten, aber dafür seine Sekretärin. „Das wäre ja ein ganz schöner Aufwand, auch noch ein Büro anzumieten und eine Sekretärin zu bezahlen“, fand meine Freundin, und daß dafür die Provision von einer Monatsmiete doch eher zu gering sei.

„Vielleicht ist die Wohnung ja laut?“ machte sich unsere Nachbarin daraufhin weiter auf die Suche nach dem verdammten Haken. Müde winkten wir ab. Das hatten wir natürlich auch längst geklärt. Erstens liegt das Haus in einer ruhigen Seitenstraße, und zweitens hatten diskrete Observationen während der letzten Nacht zu unserer großen Enttäuschung nichts in diese Richtung ergeben.

Während wir noch alle möglichen Varianten durchdiskutierten und verwarfen, lief in aller Stille ein Schreiben von der Hausverwaltung über mein Faxgerät. Zu ihrem großen Bedauern müsse man uns mitteilen, daß der Vermieter nun doch etwas gegen Tierhaltung einzuwenden habe, so daß man das Mietangebot nicht aufrechterhalten könne.

„Siehste!“ rief meine Freundin triumphierend. „Die Wohnung hat eben doch keinen Haken! Darauf trinken wir jetzt einen!“