„Wir legen die Stadt lahm“

■ Griechen-Toga und Banken-Crash – „Bündnis gegen Sozialabbau“ protestiert

Dozenten der Humboldt-Universität versammelten sich in antiken Gewändern und mit einer Diogenes-Tonne vor dem Hauptgebäude, Theologiestudenten veranstalteten einen „Tanz um das goldene Sparschwein“, und die Info- Box am Potsdamer Platz wurde besetzt. Studierende der Wirtschaftswissenschaften hatten zu einem „Banken-Crash“ aufgerufen: mit massenhaften Überweisungen kleiner Summen sollten die Bankcomputer überlastet werden.

„Wir legen die Stadt lahm“ hatte sich das „Bündnis gegen Sozialabau“ für den gestrigen Protesttag vorgenommen. Den ganzen Tag über tauchten überall in der Stadt Grüppchen und Gruppen auf, die mit bunten Aktionen die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken suchten. Vertreter der Erwerbsloseninitiative „Kollektive Hand“ fuhren demonstrativ „schwarz“ U-Bahn und forderten die Wiedereinführung der Sozialkarte. Vor dem Roten Rathaus spielten Studenten „Senat von unten“, und ein „Streikquartett“ der Hanns-Eisler-Musikhochschule strich auf einem Kleintransporter durch die Stadt.

Nach der letzten Großdemonstration des Bündnisses gegen Sozialabbau hätten die Politiker gar nicht reagiert. Diese Haltung sei ein „Desaster“, findet Michael Hammerbacher, studentischer Vertreter des Bündnisses. Das politische Druckmittel „klassische Großdemo“ sei wohl wirkungslos geworden, also müsse man zu anderen Methoden greifen, damit sich in den Köpfen der Politiker etwas bewege. Im Bündnis gegen Sozialabbau schlossen sich im Oktober vergangenen Jahres zahlreiche Projekte und Initiativen der Stadt zusammen, die sich durch das Bonner Sparpaket und die Finanzkürzungen dies Senats „betroffen“ fühlen, so Thilo Bröschel von der Erwerbsloseninitiative „Kollektive Hand“. VertreterInnen aller Gruppen träfen sich seither einmal wöchentlich in der Humboldt-Universität. Inzwischen seien auch Gewerkschaftsvertreter hinzugestoßen. Es sei höchste Zeit gewesen, daß man sich zu einem Bündnis zusammengefunden habe, um den Druck auf die Regierenden zu verstärken. Nur so könne beispielsweise verhindert werden, daß die 100 Mark Studiengebühren auf Kosten der Arbeitslosen rückgängig gemacht würden.

Einhellig äußerten die Vertreter des Bündnisses für Sozialabbau die Hoffnung auf Gespräche mit den verantwortlichen Politikern. Dies hat sich allerdings vorerst zerschlagen. Ihre Einladung zu einer öffentlichen Podiumsdiskussion lehnte Wissenschaftssenator Radunski (CDU) gestern ab.

Für den Nachmittag war eine Demonstration zum Breitscheidplatz angekündigt, die bei Redaktionsschluß noch nicht begonnen hatte. Stephanie v. Oppen