„Selber was auf die Beine stellen“

■ Die Vorsitzende des AStA der Technischen Universität, Antje Ziebell, zu den Studentenprotesten in Berlin

taz: Seit einer Woche macht ihr Aktionen an den Unis und auf der Straße. Warum eigentlich, wie wirken sich denn die Kürzungen aufs Studienleben aus?

Antje Ziebell: Die Lehrsituation verschlechtert sich ja schon seit geraumer Zeit. Das trifft vor allem die Tutorien und die Sachmittelausstattung. In den Protestaktionen geht es aber nicht nur um die Unis und die Einführung der Studiengebühren von 100 Mark in Berlin, sondern auch um Sozialkürzungen allgemein.

Was sind eure Forderungen?

Wir sind gegen die Eingriffe in die Hochschulautonomie, also die Abschaffung von Studiengängen, wie sie Berlin praktiziert. Die Studiengebühren müssen weg, und wir halten die Einführung von Bafög-Zinsen für völlig unsozial. Grundforderung ist aber eine Abkehr von der Politik der gezielten Umverteilung von unten nach oben.

Wo siehst du die denn innerhalb der Uni?

Alle reden davon, daß gespart werden muß. Aber der Berliner Wissenschaftsetat ist kaum gesunken. Das Geld wird in die Forschungsförderung gesteckt, während an der Lehre gespart wird.

Aber die Unis werden gar nicht übermäßig zur Ader gelassen. Bei den Bezirken, bei der Sozialhilfe, an den Schulen wird mehr gekürzt.

Gerade deshalb richten sich die Proteste ja nicht allein gegen den Kahlschlag an den Unis. Aber die Lage an den Hochschulen wird immer katastrophaler.

Die Leute draußen fragen: Wieso kriegen die Unis das nicht hin, sich selbst zu reformieren?

Wir meinen, daß die professorale Mehrheit in den Gremien abgeschafft werden muß. Das ist eine zentrale Forderung, aber die steht derzeit wohl nicht auf der Tagesordnung.

Siehst du bundespolitische Auswirkungen des Berliner Protestes?

Das Signal von hier könnte sein, daß die Studis gemeinsam mit den Betroffenen des Sozialabbaus eine andere Politik einklagen.

Inwieweit tragen die Studierenden den Protest mit?

Es gibt eine sehr breite Zustimmung zu den öffentlichen Vorlesungen und Seminaren in der Stadt. Auch bei den Großdemos waren viele Leute dabei. In den einzelnen Fachbereichen laufen allerdings viele Veranstaltungen weiter.

Das heißt, euer Streikaufruf wird nicht befolgt?

Es gibt kaum Besetzungen. Für uns ist aber der wichtigste Aspekt, daß die Diskussion mit phantasievollen Aktionen in die Stadt getragen werden.

Schauen die StudentInnen in der restlichen Republik auf euren Protest?

Die sollen lieber selber was auf die Beine stellen. cif