Kinkel kritisiert US-Politik gegenüber Kuba

■ Bonn unterzeichnet Handelsabkommen mit Havanna, während der Außenminister in Washington gegen die verschärften US-Sanktionen protestiert

Berlin/Washington (taz/AFP) – Die innenpolitische Verhärtung in Kuba hat auch mit der radikalen Verschlechterung der Beziehungen zwischen Kuba und den USA in den letzten Monaten zu tun. Am 12. März unterzeichnete US-Präsident Bill Clinton das zuvor auf Initiative des rechten Flügels der Republikaner vom Kongreß verabschiedete Helms-Burton-Gesetz, das das Wirtschaftsembargo gegen Kuba noch einmal verschärft und auch all jene westlichen Unternehmen mit Sanktionen bedroht, die in Kuba Geschäfte machen, bei denen enteigneter US-Besitz im Spiel ist. Nun wird diese Regelung angesichts des breiten Protests in der EU und Kanada jedoch abgeschwächt. US-Außenamtssprecher Nicholas Burns erklärte am Dienstag, die Regelung werde nur für Firmen gelten, die nach dem 12.März dieses Jahres in derartige Kuba-Geschäfte investieren. Wer schon vorher auf der Insel präsent war, bleibt vom Zorn der US-Gesetzgebung verschont. Offen sei auch noch, ob Präsident Bill Clinton die besonders umstrittene Gesetzesklausel zunächst aussetzt, die US-Bürgern vor US-Gerichten eine Klage gegen betroffene ausländische Unternehmen auf Schadenersatz ermöglicht. Die Entscheidung darüber, so Burns, werde erst im Sommer fallen.

Am Freitag letzter Woche hatte die EU bei der Welthandelsorganisation (WTO) in Genf Verhandlungen über die schärferen US-Sanktionen gegen Kuba gefordert. Und am Mittwoch warnte Bundesaußenminister Klaus Kinkel in Washington vor einem möglichen europäisch-US-amerikanischen Handelskrieg als Folge des Streits. Eine einseitige US-amerikanische Vorgehensweise gegen Kuba, von der europäische Wirtschaftsinteressen betroffen wären, würde das transatlantische Verhältnis erheblich belasten, sagte Kinkel. Bei der Kritik habe er auch die volle Unterstützung des kanadischen Ministerpräsidenten Jean Chrétien. Vor seinem Flug nach Washington war Kinkel zu einem Kurzbesuch in Ottawa gewesen.

Kinkels Äußerungen gewinnen an Gewicht vor dem Hintergrund des Entwicklungs- und Investitionsschutzabkommens, das Deutschland und Kuba am Dienstag – während der Nordamerika- Reise des Außenministers – in Havanna abschlossen. Im Februar hatten Deutschland und Kuba bereits ein Abkommen über Schiffstransport geschlossen. Deutsche Unternehmen sind auf Kuba vor allem an der Zuckerindustrie, der pharmazeutischen Industrie und dem Bergbau interessiert. Das bilaterale Handelsvolumen beläuft sich auf rund 150 Millionen Mark jährlich.

Verhandlungen der EU mit Kuba über eine Handels- und Kooperationsabkommen wurden jedoch zugleich vorerst auf Eis gelegt. Bei Sondierungsgesprächen mit der kubanischen Regierung sei kein gemeinsamer Nenner gefunden worden, teilte die Europäische Kommission am Dienstag mit. Umstritten seien Menschenrechtsfragen und die Liberalisierung der kubanischen Wirtschaft. Kuba ist das einzige Land Lateinamerikas, das noch kein Kooperationsabkommen mit der EU geschlossen hat. Die 15 EU-Mitgliedstaaten hatten die Kommission im Dezember, also gut zwei Monate vor der Verhärtung der US-kubanischen Beziehungen, aufgefordert, im ersten Halbjahr 1996 einen Vertragsentwurf vorzulegen. pkt