piwik no script img

LESERINNENBRIEFE

Eine echte Liebesbeziehung

■ betr.: „Ein paar Klicks im Netz. Fertig. Drin.“, taz vom 19. 7. 14

Lieber Genosse Philipp Maußhardt, vor den Augen der versammelten taz-Lesergemeinde möchte ich Dich herzlich als (wieder einmal) neues Mitglied in der SPD begrüßen. Wir alle, auch der Gabriel und der Steinmeier, freuen uns, dass Du wieder dabei bist. Dreimal in die gleiche Partei eintreten – Donnerwetter! Das ist ja fast schon so, als würde man dreimal die gleiche Frau heiraten! Offenkundig ist das eine echte Liebesbeziehung. Der örtliche Bundestagsabgeordnete, den Du nun wieder duzen darfst, gibt dieser Verbindung mit Freude seinen Segen.

Ein kleines „ceterum censio“ sei mir dennoch erlaubt: Ich habe nie gegen die Vernehmung von Edward (oder Edgar?) Snowden in Deutschland gestimmt. Das stand im Bundestag nämlich nie zur Abstimmung, darüber hat allein der NSA-Untersuchungsausschuss befunden. Und der ist sich einig, Snowden auf jeden Fall zu befragen. Was wir allerdings nicht wollen, ist, Snowden nach Deutschland zu holen, um ihn dann wegen bestehender Abkommen sofort in die USA ausliefern zu müssen.

Ich meinerseits sitze übrigens im Ausschuss für Arbeit und Soziales. Der stimmt über die Rente und den Mindestlohn ab.

Einstweilen wünsche ich Dir und Deiner Beziehung mit der Sozialdemokratie eine glückliche Zukunft. Auf ein persönliches Kennenlernen freut sich Dein Bundestagsabgeordneter

MARTIN ROSEMANN, Tübingen

Vom Pflegeberuf abgeraten

■ betr.: „Pflegeberufe. Nach wie vor meist weiblich besetzt“, taz vom 23. 7. 14

Besonders Akademiker bemitleiden einen oder scheinen einen für verrückt zu halten, in der Pflege zu arbeiten. Über meine Rentenhöhe darf ich gar nicht nachdenken, mein Gehalt erlaubt nur sehr bedingt, mich privat abzusichern. In den hiesigen Krankenhäusern (Ballungsraum) werden seit geraumer Zeit drastisch Stellen gekürzt, so dass Mindestbesetzungsvereinbarungen in Urlaubszeiten und bei Krankheitsausfällen absurd werden. Vorgesetzte reagieren auf Beschwerden bestenfalls mit tatenlosem Verständnis.

Am vorletzten Wochenende habe ich vor Erschöpfung bis 10.30 Uhr geschlafen, sonst bin ich Frühaufsteher. Ich kenne viele Kollegen, die nach Feierabend zu viel Alkohol trinken, um sich vom Stress runterzubringen. Die schriftliche Dokumentation ist schon längst über ein erträgliches Maß gestiegen. Mein Beschwerdebrief deshalb, an den ehemaligen Gesundheitsminister Rößler, blieb unbeantwortet. Wenn bei männlichen Kollegen die Partnerschaft zerbricht, kommen Sie mit mehreren Kinder an die Armutsgrenze oder können sich schon bei einem Kind keine neue Familie mehr leisten.

Meiner Nichte habe ich vom Pflegeberuf abgeraten. Ich arbeite seit 25 Jahren als Krankenschwester. Große Unterstützung ist mein seit einigen Jahren außergewöhnlich gutes Kollegium, das aber eine Ausnahme ist. Die Arbeit mit den Patienten macht mir Spaß und sehe ich als sinnvoll an. Name und Anschrift sind der Red. bekannt

Ja, es ist überall Krieg

■ betr.: „Europa. Ist jetzt überall Krieg?“, taz vom 22. 7. 14

Ja, es ist überall Krieg! Und, anders als es uns Arno Frank in seiner Plattitüde weismachen will, auch in unserer „zivilisierten Insel des Wohlstands und der Verwöhnung“! Die Kriege, die wir führen, sind nur subtiler, finden versteckt und verschwiegen statt.

So wird gerade ein groß angelegter Feldzug gegen unsere Freiheit und Demokratie und das mühsam errungene Sozialwesen hinter verschlossenen Türen geplant (TTIP, Tisa, Ceta, EGA …), der Enteignungsfeldzug nähert sich von den Rändern Europas dem Zentrum, und der Verteidigungskampf für unsere Privatsphäre ist schon verloren. Und sind Cliquen unserer westlichen „Inseln des Wohlstands“ nicht sogar die Initiatoren der Kriege rundum? Kriege werden von Leuten, die sich davon einen Gewinn versprechen, immer geführt werden, solange die Basis mitmacht.

Was können wir tun? Den Krieg in unseren Köpfen abstellen! Frieden in uns selber, in Partnerschaft und Familie schaffen, aufhetzende Medien boykottieren, Dienst in der Rüstungsindustrie und in der Bundeswehr quittieren und Opfern helfen! „Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin!“ Dann haben wir die friedliche Welt, die sich (fast) alle wünschen. SABINE MIEHE, Marburg

Das ist mir alles zu platt

■ betr.: „Frontstadt Donezk“, „Israel und Gaza. Ohne Rücksicht auf Verluste“ u. a., taz vom 22. 7. 14

Als Muslim muss ich gegen Israel sein, als Jude oder Christ naturgemäß zu Israel stehen. Als konservativer Europäer unterstütze ich die Regierung in Kiew mit dem Pralinenoligarchen als Präsident, als Linker muss ich Putin-Versteher sein. Das ist mir alles zu platt.

Ich misstraue allen Seiten, die auf Waffen setzen, Politikern, die sich mit Tarnanzug und ihren Generälen medienwirksam präsentieren und Gewalt predigen mit religiösen oder nationalpatriotischen Gelaber. Das hat denen, die am meisten unter Krieg leiden, noch nie geholfen, und das sind die einfachen Menschen, die in Europa, Afrika und im Nahen Osten gerade in Massen leiden und sterben.

Menschen mit Waffen in der Hand sind selten Helden und meistens Verbrecher, auch wenn die Propaganda aller Kriegsparteien das anders verkauft. MARKUS MEISTER, Kassel

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen