Bonn plant ABM-Katastrophe

■ Berlin muß möglicherweise 7.000 ABM-Stellen streichen

Der Gesetzentwurf von Arbeitsminister Norbert Blüm (CDU), die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) im Osten auf Westniveau runterzuschrauben, stößt auch in Berlin auf harte Kritik. Als „verwerflich“ bezeichnet Lutz Bojahr, Geschäftsführer des Berliner Verbandes der Arbeitsförderungs- und Beschäftigungsgesellschaften (BVAB), den Entwurf. „Es ist vorprogrammiert“, so Bojahr, „daß fünfzig Prozent den Bach runtergehen.“

Sollte der Bundestag dem Entwurf zustimmen, geht Eckhard Schäfer von der „Arbeitsgemeinschaft Arbeit und Ausbildung“ davon aus, daß „bis vier Fünftel“ der 9.202 AMB-Stellen in Ostberlin wegfallen. Das bedeute „das Ende der aktiven Arbeitsmarktpolitik“.

Im Mai gab es insgesamt knapp 15.300 Beschäftigte in AB-Maßnahmen, mehr als die Hälfte davon sind Frauen. Vor einem Jahr waren es noch 6.700 Stellen mehr. Der Rückgang in Ostberlin ist besonders drastisch. Dort gibt es jetzt 5.800 Stellen weniger als 1995.

Harald Siewert von der Servicegesellschaft des Sozialpädagogischen Instituts rechnet neben einem Anstieg der Arbeitslosigkeit auch mit einem Wegfall von Dienstleistungen. Während in Westberlin vorwiegend soziokulturelle Projekte gefördert würden, seien es in Ostberlin größtenteils Dienstleistungsbetriebe. Nach Siewerts Angaben gibt es „interne Diskussionen“, die Stellen, die bisher mit Arbeitsmarktmitteln bezahlt wurden, aus den Haushalten der einzelnen Senatsverwaltungen zu finanzieren. Doch das sei keine Lösung, da auch bei den Verwaltungen gekürzt werden muß.

Arbeitssenatorin Christine Bergmann (SPD) bezeichnete den Kabinettsbeschluß, der für Berlin einen 50prozentigen Abbau von AMB-Stellen bedeute, als „Verschiebebahnhof“. Die Anpassung auf Westniveau brächte einen Verlust von 614 Millionen Mark pro Jahr. Darüber hinaus würde der Landeshaushalt mit weiteren 160 Millionen Mark belastet werden.

Nur die Vertreter der Freien Wirtschaft reiben sich die Hände: „Die Beschäftigungsförderbetriebe mit öffentlichen Zuschüssen stehen in direkter Konkurrenz zu Unternehmen auf dem Markt“, so Klaus-Hubert Fugger, Pressesprecher der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg. Barbara Bollwahn