Netanjahus Auftritt in Washington frustriert sein arabisches Publikum

■ Palästinenser fordern von Israels Regierungschef konkrete Zusagen für die Endverhandlungen über ihrer Autonomie

Tel Aviv (taz) –Israels neuer Regierungschef Benjamin Netanjahu hat vor dem US-Kongreß seinen Friedenswillen beteuert. Sein vor Fernsehern im Nahen Osten versammeltes arabisches Publikum konnte er damit jedoch nicht überzeugen. „Wir wollen Frieden mit allen unseren Nachbarn“, sagte Netanjahu am Mittwoch abend in Washington. Jedoch müsse sich der Frieden „auf drei Pfeiler stützen“: „Sicherheit“, „Gegenseitigkeit“ und „Demokratie und Menschenrechte“.

„Was uns besonders beunruhigt, ist Netanjahus Schweigen zur Frage der Erneuerung der Verhandlungen mit den Palästinensern“, reagierte der Vorsitzende des vor einem halben Jahr gewählten palästinensischen Parlaments, Ahmad Qureih. Der als Abu Alaa bekannte Palästinenser hatte eine zentrale Rolle bei der Aushandlung der Oslo-Abkommen über die palästinensische Autonomie gespielt. Deren Fortführung fordert er jetzt ein. Netanjahu habe sich „weder zu einem definitiven Datum für die militärische Umgruppierung in Hebron verpflichtet“, noch wolle er sagen, „wann die Verhandlungen mit den Palästinensern über die Endphase des Osloer Prozesses beginnen sollen“, klagte Qureih. Zugeich unterstütze Netanjahu den weiteren Siedlungsbau.

Faisal Husseini, der für Jerusalem zuständige Vertreter der palästinensischen Führung forderte auf einer Pressekonferenz ebenfalls, Israel solle seinen internationalen Verpflichtungen nachkommen. „Wenn Israel jetzt behauptet, daß der zukünftige Status Jerusalems nicht Teil des Friedensprozesses ist, dann muß den Israelis klar gemacht werden, daß es mit dem Standpunkt keinen Friedensprozeß mehr geben kann“, warnte er. Netanjahu hatte in Washington zum wiederholten Mal erklärt: „Für mich wird es niemals wieder ein geteiltes Jerusalem geben.“

Der palästinensische Minister für Kommunalangelegenheiten, Saib Erekat, fürchtet, daß der Friedensprozeß „jetzt in den Sog gerät“ und bis zu den US-Wahlen im November noch „vielen Schlägen“ ausgesetzt sein werde. „Englisch spricht Natanjahu über Frieden. Dazu stehen jedoch seine konkreten hebräischen Anweisungen im Widerspruch.“

Auch die israelische Opposition kritisierte Netanjahus Auftritt in Washington. Efraim Sneh, einer der führenden Politiker der Arbeitspartei, behauptet, Netanjahu beabsichtige noch 100.000 weitere israelische Siedler in das Westjordanland zu bringen. Damit wolle er eine „Endphasenlösung“ festlegen, in der eine staatliche Selbständigkeit der Palästinenser ausgeschlossen sei. Sneh bedauert, daß Netanjahu den Syrern demonstrativ „die Tür vor der Nase zuschmeißt“. Im Gegensatz zur bisherigen israelischen Regierungspolitik, die das arabische Lager gespalten gehalten habe, machten Netanjahus Provokationen den syrischen Präsidenten Hafis al-Assad zum Führer einer arabischen Front. Amos Wollin

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