Neues Gutachten zu Lübeck

■ Pathologe bekräftigt, daß Brandspuren der drei jungen Grevesmühlener nicht älter als 24 Stunden waren

Berlin (taz) – Die Hinweise, daß die Staatsanwälte beim Brand des Asylbewerberheims in Lübeck schlampig ermittelt haben, verdichten sich. Diesen Schluß läßt ein erneutes Gutachten zu, welches das TV-Magazin „Monitor“ gestern verbreitete. Darin bekräftigt der Pathologe Oehmichen von der Universität Lübeck sein Untersuchungsergebnis vom Januar. In ihm hatte er festgestellt, daß die Sengspuren der drei jungen Männer aus Grevesmühlen höchstens 24 Stunden alt sein konnten. Oehmichen hatte die drei Grevesmühlener in der Nacht nach ihrer Vernehmung am 18. Januar ärztlich untersucht. Das Ergebnis hatte er der Staatsanwaltschaft Lübeck sogleich zugeleitet.

Staatsanwalt Michael Böckenhauer muß diesem Ergebnis nicht die volle Aufmerksamkeit geschenkt haben. Er ließ die drei jungen Männer frei, obwohl deren Angaben zur Herkunft der Brandspuren sich voneinander unterschieden. So will einer von ihnen vier Tage vor der Tat einen Hund „abgebrannt“ haben. Ein anderer gab an, sich Tage zuvor am Ofen verbrannt zu haben. Der Dritte hatte ausgesagt, er habe mit Benzin gespielt.

Staatsanwalt Böckenhauer verteidigte sich gestern in einem Interview mit der Zeitschrift Stern. Zwar habe er diese Angaben auch nicht geglaubt, sie aber auch nicht widerlegen können. „Und wir können ja nicht einfach sagen, weil sie diese Versengungen haben, haben sie das Haus angesteckt.“ Er sei nach wie vor der Überzeugung, daß die drei für die in Frage kommende Tatzeit ein Alibi hätten.

Die Staatsanwaltschaft hatte nicht geklärt, woher die Brandspuren stammen. Sie hatte vermutet, die drei hätten in der Nacht ein Auto geklaut und es angesteckt. Vergangene Woche hatte die Jugendkammer des Lübecker Landgerichts aufgrund von Zweifeln den „dringenden Tatverdacht“ gegen den Beschuldigten Safwan Eid zurückgenommen und ihn aus der Untersuchungshaft entlassen. roga