Tote Katzen im Sack

■ Duales System verschleiert Bilanzen und Quoten, sagen Umweltministerien

Berlin (taz) – Schlampig, unkorrekt und betrügerisch sind die Bilanzen des Dualen Systems Deutschland (DS). Das zumindest sagen Bärbel Höhn, Umweltministerin von Nordrhein-Westfalen, und ihre niedersächsische Kollegin Monika Griefahn. In seltener Einmütigkeit mit ihren KollegInnen aus den anderen Bundesländern fordern sie Aufklärung, wo das DS 60.000 Tonnen Kunststoffmüll in den vergangenen Jahren gelassen hat.

Am Dienstag abend wollten sich VertreterInnen der Umweltministerien beim Dualen System in Köln von der Richtigkeit der Bilanzen überzeugen. Doch wie bereits in den Jahren zuvor waren sie von den mangelhaften Unterlagen über den Verbleib der eingesammelten Papiertüten, Marmeladengläser und Spüli-Flaschen entsetzt. Außerdem fehlten Importgenehmigungen der Volksrepublik China, sagt eine Sprecherin von Griefahn. Das DS habe höhere Mengen in die chinesische Sonderwirtschaftszone geschickt als erlaubt. Den Chinesen selbst hatte der Plastik-Deal nicht mehr behagt: Sie kündigten im Frühjahr 1995 den Vertrag mit dem DS, da sie nur unbrauchbaren Müll angeliefert bekämen. Für die Anlage fehlte außerdem ein TÜV-Zertifikat, sagt die Sprecherin des niedersächsischen Umweltministeriums.

Laut Verpackungsverordnung muß das DS für alle Anlagen im Ausland ein Gutachten vorlegen. Diese Verwertungsanstalten unterliegen theoretisch denselben Umweltbestimmungen wie die in Deutschland. Bereits im vergangenen Jahr hatte sich Griefahn über ein fehlendes Umweltgutachten für das Glasrecycling in Spanien geärgert. Der Monopolist für die Verpackungsverwertung DS weist alle Vorwürfe zurück. „Selbst der Verwertungsbetrieb in Nord-Korea ist vom TÜV in Hongkong überprüft“, sagt DS-Sprecherin Martina Kreck. Den Großteil der in Deutschland angeblich nicht verwertbaren Kunststoffe schickt das DS nach Nord-Korea. Gut die Hälfte des gesamten Plastikmülls hat das DS 1995 ins Ausland geschafft.

Da das DS die gesetzlich festgeschriebenen Quoten für Aluminium und Plastik nicht erfüllt, rechnet das Unternehmen nun auch in gelben Säcken gefundenen Restmüll in die Quoten ein. Ob tote Katze oder Regenschirm: Die 30 Prozent Müll in den gelben Säcken lassen sich trefflich als Aluminium oder Plastik ausgeben und so die Erfassungs- und Verwertungsquote nach oben korrigieren.

„Wir haben nichts zu befürchten“, sagt Kreck dennoch. Die UmweltministerInnen seien „ab einer gewissen Fülle von Daten nicht mehr in der Lage, den Mengenstrom nachzuvollziehen“. Tatsächlich hatte Monika Griefahn in einer ähnlichen Situation vor zwei Jahren gedroht, dem DS die Lizenz für die Verwertung des Verpackungsmülls zu entziehen. Passiert ist bis heute nichts. Ulrike Fokken