Wenn aus Bauschutt alpine Berge werden

■ Trotz Annahmestopps werden in Weißensee weiter Bauabfälle abgeladen

Zarte Mohnblumen wehen im Wind, auf Berghügeln sprießen weiße und gelbe Blumen zwischen üppigem Grün. Eine Idylle, könnte man meinen. Auf den zweiten Blick aber entpuppt sich das vermeintliche Naturidyll als illegale Bauschuttdeponie. Seit Monaten fahren vollgeladene Laster auf das acht Hektar große Gelände in Weißensee. Doch auf dem Areal an der Sellheimbrücke, das wegen der meterhohen Schuttberge „Sellheimgebirge“ getauft wurde, darf schon lange kein Bauschutt mehr abgeladen werden, schimpft Claudia Hämmerling von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Die Liste ihrer Beanstandungen ist lang: „Seit drei Jahren türmen sich unkontrolliert und zum Teil rechtswidrig unter Tolerierung der Behörden mehr als einhunderttausend Kubikmeter Bauabfälle.“ Behördliche Auflagen wie der Annahmestopp von Bauschutt, das Einzäunen der Fläche und die Begrenzung der Bauschutthöhe auf sechs Meter würden nicht eingehalten. Auch die Feuerwehrzufahrt zum Karower Kreuz ist blockiert, was erst im März das Löschen eines Feuers so gut wie unmöglich gemacht habe. Die Zuständigkeit mehrerer Bezirks- und Senatsverwaltungen macht die Kontrolle der Auflagen noch schwerer.

Bereits 1993 begannen die Firmen ABB Wolter & Co. GmbH, Stöbe und Co. KG und die Baustoffhandel und Bodenaufbereitungs GmbH (BBB) Bauschutt auf der gewerblichen Baufläche zu lagern – ohne Genehmigung. Anfang vergangenen Jahres wurde den Unternehmen ganz unbürokratisch nachträglich die Erlaubnis zur Lagerung von Containern, Bauschutt, Holz und nichtkontaminierten Bauabfällen erteilt – bis zum Sommer letzten Jahres. Seitdem darf das Gelände nur noch zur Zwischenlagerung und zum Abtragen des Schutts genutzt werden. Doch nach Angaben von Anwohnern und der Abgeordneten Hämmerling geht das Abladen „wie das Brezelbacken“ weiter.

Die bündnisgrüne Abgeordnete Hämmerling kritisiert außerdem, daß zwei Anlagen zum Brechen von Abbruchmaterial und zur Baumischabfallsortierung ohne Genehmigung des Umweltamtes weiterbetrieben werden. Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) bestätigte in einer Antwort auf eine kleine Anfrage im Abgeordnetenhaus, daß Ermittlungsverfahren wegen des unerlaubten Betreibens von Abfallentsorgungsanlagen laufen. Das weitere Abladen von Bauschutt jedoch bezeichnete er lapidar als eine „verzögerte Erledigung der Auflagen“. Das seien „Ordnungswidrigkeiten“, die als „Formalverstöße mit einem Bußgeld in geringer Höhe“ zu ahnden seien.

Das sieht Hämmerling jedoch anders: Laut Ordnungswidrigkeitengesetz könne ein Verstoß mit einer Geldbuße bis 100.000 Mark geahndet werden. In jedem Fall müsse die Geldbuße höher sein als der wirtschaftliche Vorteil. Barbara Bollwahn