Zuschuß für Treibhauseffekt

Trotz geplantem Ausstieg genehmigt Sachsen-Anhalt den Bau einer Dämmstoff-Fabrik auf der Basis teilhalogenierter Treibgase  ■ Von Michael Obert

Das Verwirrspiel um die Ozon- und Klimakiller H-FCKW (teilhalogenierte Fluorchlorkohlenwasserstoffe) geht weiter. Während sich die Marktführer der betroffenen Branchen freiwillig dazu verpflichtet haben, aus der Verwendung der umweltschädlichen Stoffe auszusteigen, wird in Sachsen-Anhalt der Bau einer Dämmstoff-Fabrik auf H-FCKW-Basis genehmigt – und in Millionenhöhe gefördert.

Der Bundesrat hat diesen Monat ein nationales Herstellungs- und Verwendungsverbot von H-FCKW für Neuanlagen ab dem 1. Januar 1997 befürwortet. In einem gemeinsamen Antrag von fünf Bundesländern hat Sachsen- Anhalt sogar noch weitergehende Einschränkungen gefordert, die das Verbot auf alle H-FCKW-Anlagen ausweiten. Trotzdem bekam der spanische Dämmstoff-Riese Poliglas die Baugenehmigung für eine Fabrik in Queis bei Halle, wo auf Basis von teilhalogenierter FCKW-Schäumung Dämmstoffe produziert werden sollen. Wie das Wirtschaftsministerium von Sachsen-Anhalt bestätigt, wird das spanische Unternehmen mit Sitz in Tarragona voraussichtlich 67 Millionen Mark in diese Anlage investieren. Die bereits vom Landesförderinstitut in Magdeburg zugesagten Fördermittel können bis zu 35 Prozent der förderfähigen Investitionssumme betragen – also über 20 Millionen Mark.

„Bisher gibt es keine Rechtsgrundlage, mit der einem Unternehmen eine H-FCKW-haltige Produktion verboten werden könnte“, erklärt der Pressesprecher des Umweltministeriums Sachsen-Anhalt, André Beck. Auch wenn die bestehende Rechtslage nach politischen Ansprüchen kritikwürdig sei, sei diese doch entscheidend für die Ansiedlung und die finanzielle Förderung eines Unternehmens. „Sollte sich eine Rechtsänderung zumindest auf Bundesebene ergeben“, so Beck weiter, „entsteht eine neue Situation.“

Während FCKWs wegen ihrer schädigenden Wirkung auf die Ozonschicht und der Beschleunigung des Treibhauseffekts in Deutschland verboten sind, werden nach Schätzungen von Greenpeace weiterhin jährlich 10.000 Tonnen H-FCKW als Kältemittel in Kühlanlagen und als Treibmittel für Baudämmstoffe legal verwendet. FCKWs tragen weltweit mit über 20 Prozent zum Treibhauseffekt bei. H-FCKWs sind für rund ein Viertel dieses gewichtigen Anteils verantwortlich.

In allen Bereichen gibt es bereits ozonschicht- und klimaschonendere Alternativen zu H-FCKW, wie Ammoniak und Propan bei Kühlmitteln sowie Pentan und Kohlendioxid bei der Schäumung von Dämmstoffen.

Aufgrund der prognostizierten Ausweitung des Ozonlochs und der weiteren Aufheizung der Erde haben sich die Marktführer BASF und Dow Chemicals mittlerweile freiwillig dazu verpflichtet, bei Dämmstoffen schrittweise aus H-FCKW- haltigen Treibmitteln auszusteigen. „Angesichts dieser Tatsache fällt es uns schwer, Verständnis dafür aufzubringen, daß ein anderes Unternehmen mit Hilfe von öffentlichen Mitteln in Deutschland Dämmstoff-Kapazitäten aufbauen und sich dabei einer veralteten Technologie bedienen will“, kommentiert die BASF- Pressestelle die geplante Poliglas- Anlage. Große Enttäuschung über das Verhalten der Behörden äußert auch Dow Chemicals, „da das Land das Bauen mit H-FCKW- Produkten per Verordnung für Bauten des Landes einerseits verbietet und gleichzeitig eine Anlage subventioniert, die diese Produkte herstellt“. Mit der veralteten H-FCKW-Technologie werde der Wettbewerb mit den neuen umweltfreundlichen Produkten darüber hinaus weiter verzerrt.

„Bundesumweltministerin Merkel muß noch in diesem Jahr alle Ozon- und Klimakiller in Deutschland verbieten“, fordert Greenpeace-Klimaexperte Carsten Körnig. „Wenn ein nationales Verbot weiter ausbleibt, können ausländische Unternehmen durch Billigpreise den H-FCKW-Ausstieg verhindern, zu dem andere Unternehmen in Deutschland bereit sind.“