Drei-Liter-Auto

■ betr.: „20.000 ratlose Ingenieure“ (Ökolumne) von Wolfgang Loh beck, taz vom 7./8.9. 96

„Lügen allein jedenfalls hilft nicht, der Autoindustrie nicht, und dem Klima erst recht nicht“, resümiert Herr Lohbeck zum Thema „Drei-Liter-Auto“. Ganz die Wahrheit sagt er aber auch nicht: Daß es bereits Autos mit einem Verbrauch von zirka fünf Litern gibt (zum Beispiel die TDI Modelle von VW und Audi) bestreitet er eingangs. Dieses Unwissen sei ihm verziehen, sucht er hauptsächlich nach Hintergründen, warum diese Autos noch nicht weiter verbreitet sind. Er vermutet, daß die Autoindustrie daran „gehindert wurde“. Mehr sagt er dazu nicht. Die wahren Übeltäter, die Bundesregierung, die mit dem Hilfsmittel der Besteuerung solche Fahrzeuge künstlich verteuert bis hin zur Unattraktivität belegt, prangert er nicht an. Auch das Interesse der Bundesregierung den Verbrauch hoch zu halten, nennt er nicht: Jeder Liter Benzin bringt dem Staat über eine Mark in die leeren Kassen. Die Forderung von Bündnis 90/ Die Grünen nach einer noch höheren Besteuerung von Benzin ändert daran nichts, verstärkt sogar noch das Interesse des Bundes an hohem Verbrauch.

Mit Sicherheit wurde seitens der Autoindustrie nicht das gesamte Augenmerk auf den Faktor Verbrauchsminimierung gerichtet (es gibt auch andere wichtige Betätigungsfelder der Entwicklung, die sich ökologisch im weitesten Sinne nennen dürfen, zum Beispiel Langlebigkeit durch Korrosionsschutz, Airbags, ABS, etc.), dennoch ist der potentielle Minimalverbrauch einzelner Fahrzeuge erheblich gesunken – nur liegt das am Fahrverhalten jedes einzelnen – auch diese Erkenntnis wurde verschwiegen.

Ein einheitliches Tempolimit auf allen Straßen von Tempo 90 km/h und die Abschaffung des Heiligtum „Tempo 30 Zone“ mit künstlichen Fahrbahnverschlechterungen (und damit erhöhtem Verbrauch!) ermöglicht eine erhebliche Verbrauchsverminderung. [Tempo 90 auf allen Straßen und die Abschaffung von Tempo 30 erhöht aber auch die Unfallgefahr für FußgängerInnen und RadfahrerInnen, die weder über Knautschzonen noch Airbags verfügen. Tempo-30-Zonen und Tempolimits dienen nicht der Benzin- Verbrauchsminimierung des Heiligtums rasender Rüpel, sondern dem Schutz der nicht autofahrenden und damit ökologischer handelnden VerkehrsteilnehmerInnen. In diesem Sinne: Jede Straße eine Tempo-30-Zone! d.sin] Selbst mit zehn Jahre alten Autos kann man bei einer „vorausschauenden Fahrweise“, wie sie in jeder guten Fahrschule gelehrt wird, einen Verbrauch von sechs Litern erreichen (eigene Erfahrung). Wie pauschal sich Herr Lohbeck in seiner Hetze verstrickt, zeigt sich in der Beschuldigung „der Autofahrer“, daß sie nicht die erforderliche Technologie einsetzen würden – was aber an „der Industrie“ liegt, die die Technologie nicht einsetzt. Damit bleibt der Schluß des Artikels wie erwartet stereotyp: Autofahrer und Industrie sind und bleiben „die Bösen“.

Ferner wird in der Diskussion um das Drei-Liter-Auto immer wieder vergessen, daß nicht jeder sich ein solches Auto kaufen wird – die Ansprüche an Pkws sind so verschieden wie deren Benutzer. Auch ist der deutsche Automarkt zwar einer der innovativsten, aber nicht der wichtigste von den Verkaufszahlen her. Und nur die massenhafte Umstellung der Pkw-Bestände brächte die erforderliche Veränderung. Ansgar Heide, Frankfurt