Kleiner Kopf auf buntem Vogel

■ betr.: „Soviel keine Zeit muß sein“, taz vom 6. 9. 96

Vor kurzem hörte ich im Radio ein Liedchen mit dem Titel „Keine Zeit“. Es wurde als die neue Hit- Single von Marius Müller-Westernhagen angekündigt. Erster Gedanke: Wie kann was ein Hit sein, das eben erst auf den Markt gekommen ist? Es ist von vornherein klar: Hunderttausende werden's sofort kaufen. Andererseits: Was viele wollen, muß nicht immer schlecht sein.

Zweiter Gedanke: Ist es nicht inzwischen von gestern „Keine Zeit“ zu haben? Die Yuppie-Attitüde ist doch längst gegessen, als Phase abgehakt, durch die bestimmte Leute durch mußten und durch sind.

Dritter Gedanke: Auch wenn der Pfau hektisch sein Rad schlägt und so laut kräht, wie er kann: Es ist klar zu erkennen, welch kleinen Kopf der bunte Vogel hat.

Benjamin von Stuckrad-Barres Artikel spricht mir aus der Seele. Es mußte mal gesagt werden, daß Westernhagen (in Wahrheit wohl) ein Arschloch ist und seine Musik langweilig und leer. Wenn Westernhagen ernsthaft daran interessiert ist, sich weiterzuentwickeln, vielleicht sogar musikalisch, empfehle ich ihm, mal in eine alte (Vorsicht: Deutsch!) Can-Platte reinzuhören. Birgit Hübner, Frankfurt

Man mag über Marius Müller- Westernhagen denken und schreiben wie man will, aber was hat seine Frau damit zu tun? Dieser Satz: „Wie auch Boris Becker hat Westernhagen auf dem Weg nach oben eine exotische Frau um sich geschart (irre undeutsch)“, ist sexistisch und rassistisch. Eine schwarze Frau als exotisches Beiwerk eines Mannes zu bezeichnen, das dieser „um sich schart“ und dies in einem späteren Absatz noch einmal zu erwähnen, löst bei mir einen inneren Aufschrei auf. Ich gehe davon aus, daß sowohl er als auch Boris Becker als auch eine Unzahl anderer Menschen sich mit den Menschen zusammentun, die sie lieben, gerne haben, mögen.

Vor zwei Wochen las ich in der taz vom Freitod der Lyrikerin May Ayim. Als Mitautorin des Buches „Farbe bekennen“ schreibt sie über die Situation von afrodeutschen Frauen. Daß dies eine bittere Realität ist, beweist gerade dieser Artikel wieder. Korina Dörr, Bonn

Der Artikel über M. M. Westernhagen war wirklich klasse! Ich habe mich selber oft gefragt, was an dem Mann und seiner Musik dran sein soll, nun kenne ich endlich jemanden dem es ähnlich geht. Daniel Limbach, Berlin