Offener Leerstand

■ Nagels Soft-opening gestern in der unterirdischen Friedrichstadtpassage

Wolfgang Nagel kann einem leid tun. Von seiner Partei bei den vergangenen Koalitionsverhandlungen arg im Stich gelassen, will sich für den SPDler auch in seiner Funktion als Immobilientycoon der rechte Erolg nicht einstellen. Das Quartier 206 der Friedrichstadtpassagen, das der Obhut des Ex-Bausenators unterliegt, gleicht noch immer eher einer Freihandelszone als einem prickelnden Konsumlaufsteg.

Trotzdem haben sich die drei Investoren der Friedrichstadtpassagen dazu entschlossen, den unterirdischen Passagen- und Einkaufsteil gestern fürs staunende Volk freizugeben.

Während die Galeries Lafayette bei ihrer Eröffnung von 50.000 Menschen gestürmt wurden, glich die unterirdische Passage gestern zeitweilig einer Geisterbahn. Einzig im vollständig vermieteten Passagenteil der Galeries Lafayette war etwas vom Shopping-Flair, von Glitzer und Glamour zu spüren. Hier laden Geschäfte mit afrikanischer Kunst oder Rosenholzmöbeln, Seidenpflanzen und eine Kunstbuchhandlung zum Geldausgeben ein.

Gleich hinter der Sektorengrenze zum Quartier 206 sind die leeren Schaufensterscheiben mit Plakaten zugeklebt. Auf einem steht, was schon nicht mehr gültig ist: „Quartier 206 – Berlin im Jahr 1996“. Die ersten Läden des Quartiers werden nämlich erst im kommenden Frühjahr eröffnet. Auf anderen Plakaten wird lieblos das modische Berlin der zwanziger Jahre zitiert.

Eines muß man Quartiersmanager Nagel freilich lassen: Er setzt nach wie vor auf das Interesse der Modeavantgarde. Untrügliches Zeichen: Im Provisorium eines Ladens tummelt sich derzeit die Modemacherin Lisa D., in einem anderen die Vorlaßverwalter der Off-Modemesse Ave.

Ganz und gar discountermäßig geht es schlußendlich im unterirdischen Teil des Karstadt-Quartiers 205 zu. Zwischen verhängtem Leerstand zeigt sich dem staunenden Publikum ein Fotoladen und ein Erlebnisbäcker. „Das gibt's nicht“, sagte eine Schülerin zu ihrer Freundin. Die konterte: „Doch! Siehste doch.“ Uwe Rada