: Dreck
Naja, die Säuberungsaktion in bezug auf Bettler, Berber und Nichtseßhafte, die der Senat geplant hatte, ist ja voll inne Hose gegang', weil Hunderte von sozial engagierte Gruppen Alarm geschlagen habn. Und de Medien warn so voll von Proteste wie städtische Sandkisten voll Hundebolzen. Klar, daß der geschmeidige Herr Voscherau sich nu auf andere Verunreinigung' geschmissen hat. Zun Beispiel auf Fastfutverpackung', leere Bierdosen, überlaufende Mülltüten. Nu habn wir in Hamburg ja 9000 öffentliche Papierkörbe, die leerzumachen allein schon 5,5 Million' Mark kostet, ja, und doch gibt das haufenweise Rotzer, die könn' direkt neben so ein' Papierkorb stehn und werfen trotzdem ihre Kippe oder sogar de leere Lullnschachtel oder Coladose auffe Straße! Für diese Krimmenelln hat der Herr Bürgermeister 6 „Mülldetektive“ in Marsch gesetzt. Die habn denn auch schon an' ersten Tag von ihrn Einsatz über 100 Müllverbrecher gegriffen, so daß se sich bei 80 Mark Strafe pro Fall locker amortesiert habn. Und weißt du, was de meisten vonne Gegriffenen als Ausrede hatten bei de Müll-Schimanskis, um de Kohle nicht raustun zu müssen? „Wenn jeder seinen Müll brav in die Papierkörbe schmeißen würde, wärn Ihre Jobs futsch.“ Noch mehr als auffen Müll läßt der Bürgermeister seine Schnüffler ja auf Hundekacke und ihre Verursacher los. Und soll von nu an jeder Gassigeher ein verschließbares Plastikgefäß mit sich führen, das mit ein' Riem' umme Schulter getragen werden kann. Der Riem' soll außerdem ne Schlaufe haben für'n klein' Handfeger oder ne kleine Dreckschippe, wo man de Kacke mit in das Gefäß schieben kann. Jedenfalls, wer ohne diese Ausrüstung angetroffen wird, soll 50 Mark zahln, also genausoviel wie für Fahrn ohne Gurt umme Wampe. „Das größte Interesse zeigt das Stadtoberhaupt aber für die sogenannten ,Sprayer'“, liest Jungunternehmer Aschler aussen Abendblatt vor, das er sich grade aus meine Luke gezogen hat. „Kann ich mir vorstellen bei diesem Herrn, der ja geradezu eine sterile Sauberkeit ausstrahlt“, meint dazu die bekannte Barmbeker Lürikerin Nele Hütlein, die mir grade wieder fünf selbstgebundene Broschüren mit eigene Gedichte in Kommission geben will, „und jetzt soll also diese wilde anarchistisch-bunte Kunst vernichtet werden, die unserer börsenflanellgrauen Stadt immerhin etwas Farbe gegeben hat! Irgendwie erinnert mich das an die Bücherverbrennung der Nazis.“ „Da soll bloß mal einer komm'“, rödelt nu Sonnenbank-Heinzi los, der grade von seine beiden Kampfhunde an mein' Kiosk gezogen wird, „und spräit auch nur EIN' Strich anne blütenweiße Mauer von mein' Sauna-Club, den laß ich aber von meine Rottweiler total inne Länge ziehn!“ Nu muß Jungunternehmer Aschler lachen, wo er aber schlecht mit ankommt bei Heinzi: „Ich weiß, daß Sie sich ne Generalvertretung für Spräientferner an Land gezogen habn und gleichzeitig Prämien für sogenannte Spräikünstler auswerfen... aber, wie gesagt: Wenn ich ein' von diese Schmiersäue erwisch, denn geht das aber rund! Und reagier ich nicht so milde wie der gütige Herr Wrocklage, den sein Privatauto neulich in Altona mit Farbbeutel beschmissen worden ist und der bloß ne harmlose Anzeige wegen Sachbeschädigung losgelassen hat!“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen