Eine Gefahr im Anrollen

■ Das Bundesverkehrsministerium hat entscheiden: Inline-Skater sind Fußgänger mit Spielzeug und gehören auf den Bürgersteig. Kritik: Unsinnig und gefährlich

Lautlos und schnell flitzen sie heran und huschen mit bis zu 40 Sachen an arglosen Passanten vorbei: Inline-Skater, so heißen die Freunde der geräderten Schlittschuhe, gehören mittlerweile zu einer festen Größe im Straßenverkehr. Das hat jetzt auch das Bundesverkehrsministerium begriffen und mitgeteilt, wo sich die Skater aufzuhalten haben: „Verkehrsteilnehmer mit Roller-Skates“, heißt es aus Bonn, „müssen die Verkehrswege für Fußgänger benutzen.“

Und da das deutsche Verkehrsrecht für Fußgänger keinerlei Geschwindigkeitsbegrenzung vorsieht, heißt die Devise von nun an: Wo Radler schieben müssen, können Skater Vollgas geben. Ahnungslose Fußgänger müssen künftig aufpassen, daß ihnen die Gleiter im beschwingten Schock 'n' Roll nicht über die Zehen fahren. „Wir sind nicht sehr glücklich über diese Entscheidung“, klagt Karl- Heinz Ludewig vom Fußgängerschutzverein FUSS e.V. Es sei nicht nur unsinnig, sondern auch gefährlich, die Skater per Gesetz den Bürgersteigen zuzuordnen. „Skater gehören auf breite Radwege, wenn es die nicht gibt, auf die Fahrbahnen“, fordert er. An Proteste denkt sein Schutzverein indes nicht. „Insgesamt sind die Skater nicht das große Problem“, sagt Ludewig. Kein einziger der jährlich 9.000 Verkehrstoten in Deutschland sei durch Rollschuhfahrer verursacht worden.

Auch Sabine Wolff, die Sprecherin der Verkehrsverwaltung, sieht keine Gefahr, daß Fußgänger überrollt werden könnten. „Zahlenmäßig fallen die Skater doch gar nicht ins Gewicht“, meint sie. Deshalb sei auch eine extra Spur für die rollende Minderheit ein unrealistisches Vorhaben. Der bündnisgrüne Verkehrsexperte Michael Cramer dagegen ist von der gesetzlichen Regelung sichtlich genervt: „Das ist doch der letzte Scheiß“, empört er sich. Skater müßten Busspuren benutzen können und haben auf Gehwegen nichts zu suchen, sagt er.

Unverständlich ist Cramer auch, daß auch andernorts den Bladern das Leben schwer gemacht wird. Der Fußgängertunnel am ICC zum Beispiel sei seit geraumer Zeit ein beliebter Aufenthaltsort jugendlicher Inline-Skater, Biker und Skateboarder. Nun aber hätten Polizisten, so Cramer, ein Aufenthaltsverbot ausgesprochen. In einer kleinen Anfrage an den Senat wollte er deshalb wissen, warum derartige Freizeitaktivitäten auf dem Winterfeldtplatz in Schöneberg erlaubt seien und in der Unterführung am ICC in Charlottenburg nicht. Die Antwort läßt noch auf sich warten. Dietmar Neuerer