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: Ein Fall für Kobra

Der Polizeichef von Bekasi, einer Stadt auf der indonesischen Insel Java, hat eine Idee: Er will gegen Demonstranten künftig Kobras einsetzen. Auch beim Verhör mutmaßlicher Verbrecher sollen die Giftschlangen bessere Ergebnisse bringen, zitiert eine indonesische Zeitung den Sicherheitschef. Im vergangenen Jahr habe die Polizei bereits in einer Simulation den Einsatz der Tiere bei Massenzusammenkünften demonstriert. Offenbar mit eindrücklichem Erfolg:

Die Behörden von Bekasi haben – unter dem Vorwand der Pflege heimischer Traditionen – schon Kontakt mit einem Schlangenbeschwörer aufgenommen. Nun drängt die Zeit.

Bekasis Bevölkerung muß schnell reagieren, sonst verliert sie künftig alle Chancen auf freie Meinungsäußerung. Dabei gibt es in den nächsten zwei Jahren genug Gründe zu demonstrieren: Im Mai will sich die regierende Golkar-Partei wiederwählen lassen und 1998 der amtierende Präsident Suharto, der kürzlich eine potentielle Herausforderin entmachten ließ.

Deshalb ruft die taz, die sich seit langem für die Menschenrechte in aller Welt einsetzt, auch ohne vorherige Konsultation mit Bürgerrechtlern und Tierschützern alle SchlangenbeschwörerInnen Indonesiens auf, sich in den Dienst der demokratischen Sache zu stellen und sich nicht für ein paar Rupien an die Mächtigen zu verkaufen.

Gleichzeitig muß Indonesiens Opposition schnell das Flöten lernen – unter besonderer Berücksichtigung der Verhörsituation sollte ein gespitzer Mund als Instrument genügen, um die Schlangen zu verwirren. Internationale Hilfsorganisationen, Entwicklungshelfer und Solidaritätsgruppen sind gefragt: Sie können den Bedürftigen von Bekasi Kurse in Schlangenbeschwörung finanzieren.

Denn dies ist die einzige Hoffnung für Bekasi: Wenn Hunderttausende demokratische Flöten die Kobras so betören, daß die sich lieber die indonesischen Sicherheitskräfte vornehmen. Dann muß der Polizeichef wohl zu anderen Mitteln der Rechtspflege greifen. Jutta Lietsch