Das Zentrum der SPD tickt im rot-grünen Takt

■ Nordrhein-Westfalens SPD mit bundesweitem Signal für rot-grüne Koalition

Schwerte (taz) – Dieser Auftritt legte die Sehnsüchte der sozialdemokratischen Seele frei. Kaum daß der grüne Bauminister Michael Vesper seine Rede am Aschermittwoch beendet hatte, da drang aus dem mit über 1.000 Sozis überfüllten Saal im westfälischen Schwerte nur noch ein Schlachtruf: „Kohl muß weg“. Und wie? Nun, nimmt man den Beifall an diesem Abend als Maßstab, dann ist die Botschaft eindeutig. Die SPD-Basis im westlichen Westfalen setzt auf eine rot- grüne Koalition in Bonn. Das war ein Signal so ganz nach dem Geschmack des Bezirksvorsitzenden Franz Müntefering, der dem mit 105.000 Mitgliedern größten SPD- Bezirk vorsteht und zugleich als Bundesgeschäftsführer den Bundestagswahlkampf seiner Partei zu organisieren hat.

Nichts war an diesem Abend von jener Skepsis zu spüren, mit der sich SPD und Grüne immer wieder in Düsseldorf begegnen. Dabei war die Rede Vespers alles andere als eine freundlich Verbeugung vor der SPD am historischen Ort. Ungeschminkt nahm er sich auch die größten Streitpunkte der Koalition in Düsseldorf vor. Etwa beim Thema Garzweiler II: „Wir halten den neuen Tagebau für energiepolitisch überflüssig, für ökologisch nicht zu verantworten und für sozial unverträglich.“ Die große Mehrheit der SPD meinte das Gegenteil. Auch die Anwesenden im Saal, deren Bezirk knapp fünfzig Prozent der Delegierten auf SPD-Parteitagen in Nordrhein-Westfalen stellt, sind in dieser Frage ganz weit weg von Vesper.

Doch sie applaudiertem ihm, als er wenig später sagte, „daß kein Partner von dem anderen verlangen kann, daß er etwas gegen seine Überzeugung für richtig erklärt“. Und Vespers Zuversicht, „ich halte es für möglich, auch diesen Felsbrocken von unserem Weg wegzuräumen“, entsprach ihren Hoffnungen. Davon zeugte der Beifall, der immer anschwoll, wenn Vesper und der SPD-Landesfinanzminister Heinz Schleußer von den vielen Konflikten sprachen, die oftmals „überflüssig wie ein Kropf“ gewesen seien.

Erleichtert fühlte sich anschließend Müntefering. So manche Kritik an der Einladung von Vesper hatte er zuvor wegstecken müssen. Etwa die des Düsseldorfer SPD- Fraktionsvorsitzenden Klaus Matthiesen, der ihm „keine politische Glanzleistung“ vorgehalten hatte. Die Reaktionen des Publikums zeigten, so der Bezirkschef, daß es „eine Basis für diese Koalition gibt und die Menschen von uns erwarten, daß wir mit dem Kleinkram aufhören“. Walter Jakobs