„Die Freiheit nehm' ich mir“

■ Der Steglitzer Finanzstadtrat Udo Bensel (Grüne) will über den Bezirksetat selbst bestimmen. Er fordert ein politisches Bezirksamt

Der Hauptausschuß entscheidet heute über die Haushalte 1997 der Bezirke. Im Zentrum der Auseinandersetzungen stehen dabei die Rebellen-Bürgermeister der PDS, die mehr Geld für die soziale Infrastruktur im Osten fordern. Nicht zufrieden ist die Finanzverwaltung auch mit dem grünen Finanzstadtrat Udo Bensel. Er mache, was er wolle, heißt es.

taz: Herr Bensel, bei der Finanzverwaltung gelten Sie als „böser Finanzstadtrat“. Wie kommen Sie zu dem Ruf?

Udo Bensel: Ich habe mich an die Vorgaben der Finanzverwaltung gehalten. Allerdings gab es sieben Varianten davon. Wir haben die einzig verbindliche zur Grundlage unseres Etats gemacht. Später kamen noch „Empfehlungen“, die fehlerhaft waren. Denen sind wir nicht gefolgt. Das ist korrekt und nicht etwa böse.

Der Vorwurf der Finanzer lautet, daß Sie die Ihnen auferlegten Kürzungen zwischen dem sogenannten Z-Teil (Sozialleistungen) und dem allgemeinen A-Teil (u.a. Bauunterhaltung, Kultur, Zuschüsse an Projekte), hin- und herjonglieren. Gerade wie Sie wollen.

Ich hole mir die Einsparungen da, wo ich sie tatsächlich erzielen kann – und nicht nach dem Zufallsprinzip oder unrealistischen Vorgaben. Schließlich haben wir seit zwei Jahren einen Globalhaushalt. Das heißt, der Bezirk hat die Freiheit, über seinen Etat zu bestimmen. Diese Freiheit lass' ich mir nicht nehmen.

Die Finanzverwaltung meint, Sie kürzen mehr im Z-Teil. Weil Sie genau wissen, wenn sie die Kürzungen da nicht schaffen, muß Ihnen das Land das Minus später ersetzen. Schließlich befinden sich im Z-Teil die gesetzlich vorgeschriebenen Sozialleistungen, die Sie erbringen müssen.

Das ist Unsinn. Da kann man genauso kürzen. Umgekehrt ist die Vorstellung, man könne im A-Teil wild herumstreichen, schlicht falsch. Die Ausgaben für die bauliche Unterhaltung sind zum Beispiel nicht weiter kürzbar. Es sei denn, ich schließe Einrichtungen des Bezirks. Im übrigen ist der Einwand sowieso unsinnig. Wir haben Globalhaushalte, in denen alle Etatpositionen gegenseitig deckungsfähig sind. Das heißt, wir müssen jonglieren. Wir sind nämlich verpflichtet, negative Ergebnisse im einen Titel mit dem Plus aus anderen Titeln zu verrechnen.

Was ist in Ihren Augen das Problem der Globalhaushalte?

Daß das ganze Haushalten immer noch auf den Ist-Zahlen des Vorjahres beruht. Das bedeutet: Wer dieses Jahr managementbedingte Einnahmesteigerungen erwirtschaftet, kann sich die nicht etwa gutschreiben, sondern bekommt im nächsten Haushaltsjahr weniger. Wer sein Geld am Ende des Jahres hinauspustet, wird paradoxerweise im Folgejahr dafür belohnt – mit einem höheren Etatansatz. Dieser kameralistische Schwachsinn ist für die Kassenlage des Landes kontraproduktiv. Denn die Bezirke werden gerade nicht dazu ermuntert, kostenbewußt zu handeln.

Wie ließe sich das ändern?

Wir brauchen politische Bezirksämter, deren Globalhaushalte auf einer rationalen, das heißt im Z-Teil auf einer fallzahlenbezogenen Basis berechnet werden. Sonst funktioniert das mit den Globalhaushalten nie. Dann kann der Bürger das Bezirksamt für sein Finanzgebaren verantwortlich machen. Interview: Christian Füller