Schreibschularbeiten

■ Erhöhte Witzdichte bei magerem Konzept: „Das Amt“, der Versuch einer deutschen Situationskomödie (21.15 Uhr, RTL)

Vor einigen Jahren bekamen die Amerikaner Grund zum Schmunzeln. „Lack of German Sitcom writers no joke“, titelte das Branchenblatt Variety und rief allerhand Zeugen auf, die Schmach des deutschen Volkes zu untermauern. Neu ist das Problem freilich nicht – schon Peter Frankenfeld suchte und fand Inspiration beim US-amerikanischen Fernsehen, und 1976 bedurfte es amerikanischer „Entwicklungshilfe in Komik“ (Spiegel), die „Klimbim“- Nachfolgeserie „Die himmlischen Töchter“ in den Äther zu bringen.

Um dem nicht nur von Sitcom- Produzenten beklagten Autorenmangel abzuhelfen, gibt es in Nordrhein-Westfalen seit 1994 den „Schreibschule Köln e. V.“, eine erfreulich pragmatische Angelegenheit, die größtenteils als berufsbegleitende Maßnahme organisiert ist. Erklärtes Ziel des von der Filmstiftung NRW, der Stadt Köln, der Kunsthochschule für Medien und diversen Film- und TV-Firmen getragenen Vereins ist es, produktionsreife Stoffe zu entwickeln und der Realisierung zuzuführen.

Eine dieser Schreibschularbeiten trägt den Titel „Das Amt“, nähert sich dem Sitcom-Format, ist aber beileibe nicht geeignet, den Amerikanern Paroli zu bieten. Zwar hat sich, verglichen mit früheren Sitcoms deutscher Provenienz, nicht unbedingt die Qualität, aber immerhin die Dichte der Pointen erhöht. Doch schon das Konzept läßt zu wünschen übrig: Statt das Klischee vom arbeitsscheuen Beamten lustvoll zu unterlaufen oder, besser noch, dichotomisch zu nutzen, wird es restlos überstrapaziert. Woran es aber primär gebricht, ist die Beiläufigkeit der angelsächsischen Vorbilder. Die Gags werden ostentativ in Szene gesetzt und überdeutlich herausgestellt – steht eine Pointe bevor, rückt die Kamera den Darstellern nah auf den Leib, diese zelebrieren den mageren Dialogwitz mit großem Aufheben und Umstand und nehmen ihm damit jeglichen Reiz. In diesem Sinne ist namentlich Hauptdarsteller Jochen Busse eine völlige Fehlbesetzung, sein Mienenspiel eine Reihung vorgestellter Ausrufungszeichen, er selbst deutlich am Kabarettpublikum geschult, das es bekanntlich gern hat, wenn ihm gestisch und mimisch signalisiert wird, wann genau gelacht werden darf.

Das Scheitern dieses Versuchs ist insofern rätselhaft, als RTL selbst reichlich geeignetes Lehr- und Anschauungsmaterial im Programm hat, den Klassiker „Cheers“ etwa, „Golden Girls“, „Die Nanny“ oder „Der Prinz von Bel Air“. Angesichts des krassen Niveauunterschieds zwischen Eigenzüchtung und US-Importen kann die Quintessenz nicht anders lauten als: da muß wohl jemand zurück auf die Schulbank und gehörig Nachsitzen. Die Angelsachsen dürfen derweil ihren Entwicklungsvorsprung in Sachen Fernsehkomik in aller Seelenruhe noch ein wenig genießen. Harald Keller