Russenoper geht neue Wege

KULTURPOLITIK Der Bezirk Lichtenberg sucht für das Theater Karlshorst nach der Absage der Berliner Schauspielschule ein neues Konzept. Ein Projektteam und Geld sollen es richten

Der Theaterstandort soll mit einem offenen kulturellen Konzept Geld bringen

VON ROLF LAUTENSCHLÄGER

Bei Katrin Framke, Kulturstadträtin in Lichtenberg, erzeugt das Areal rund um den S-Bahnhof Karlshorst mal Glücksgefühle, mal Niedergeschlagenheit. Gerade überwiegt das Erstere. Das Projekt für das „Kommunale Kulturhaus“ des Bezirks mit einem Saal, der Galerie und anderen kulturellen Angeboten kommt voran. 2012 soll es an der Treskowallee eröffnet werden. Mit der Lichtenberger Musikschule wäre der Standort kulturell dann top im Osten.

Denkt Framke an das Gebäude, das dem Kulturhaus gegenüberliegt, kommt Niedergeschlagenheit auf. Der Vorhang in der „Russen-Oper“ bleibt weiter geschlossen. Nachdem der Bezirk und die Wohnungsbaugesellschaft Howoge, Eigentümer des Theaters Karlshorst, gescheitert sind, die seit Jahren leer stehende und zudem marode Bühne an die private Berliner Schauspielschule abzugeben, muss das Bezirksamt ein neues Betreiberkonzept entwickeln.

Leicht wird das nicht. Mehrfach hatte sich das Theater von Interessenten eine Abfuhr abgeholt. Vor dem Rückzug der Schauspielschule war ein internationales Bieterverfahren 2009 gescheitert. Framke macht sich dennoch Mut: Es sei zwar „bedauerlich“, dass die Schauspielschule ihr Interesse an dem Haus zurückgezogen habe. Dennoch setze der Bezirk weiter alles daran, das Theater als „lebendige kulturelle Betriebsstätte zu erhalten und auszubauen“.

Nach Ansicht der Stadträtin ist das Theater Karlshorst sowohl für das Schauspiel als auch für Musiktheater, Lesungen, Film, Konzerte oder Festivals geeignet. Diese „offene Nutzung“ für freie Gruppen und andere aus der künstlerischen Branche soll darum die Wende bringen.

Da dieses Konzept weder der Bezirk noch die Howoge erarbeiten können, ist beabsichtigt, ein „Kompetenzteam“ zu beauftragen, das zum einen „Projekte für die Kreativwirtschaft“ entwickelt und zum anderen sich „um mögliche Betreiber, den zukünftigen Betrieb und kulturelle Angebote kümmert“, so Framke.

Das Kompetenzteam dürfte aber noch mit anderen Hürden zu kämpfen haben: Nämlich mit der Frage, wer die Sanierung des Theatersaals finanziert. Mit rund 2 Millionen Euro Kosten rechnen der Bezirk und die Kulturverwaltung des Senats. Howoge-Projektleiterin Gudrun Höfs rechnet dagegen mit 6 Millionen Euro für die Modernisierung des Saals und der Technik. Das Geld könne die Howoge – die schon 4,5 Millionen Euro in die Renovierung des Hauses steckte – aber nicht allein aufbringen, so die Höfs. Der Senat oder die Betreiber müssten sich an der Investition beteiligen – was nicht gerade auf Zustimmung stößt.

Immerhin besitzt die Bühne eine außergewöhnliche Geschichte und Architektur, Größe und Akustik. 1948 war das Gebäude an der Trabrennbahn im Stil des stalinistischen Neoklassizismus erbaut worden. In dem Baudenkmal befand sich der mit üppigem Rot und Gold verzierte Saal mit 650 Plätzen. Die Sowjetarmee nutzte das „Haus der Offiziere“ für Theater- und Musikaufführungen. 1994 wurde das Theater an Ensembles und Veranstalter vermietet. Der bauliche Verfall, marode Technik und Nutzungsprobleme führten nach 2000 zur Schließung der Bühne. Zudem geriet der Standort ins Abseits.

Damit das nicht so bleibt, hat sich Framke Unterstützung bei ihrem Kollegen Andreas Prüfer (Linke) geholt. Der Wirtschaftsstadtrat betont, der Bezirk habe ein großes Interesse daran, „dass das Theater von der Howoge fertig saniert wird“. Zudem ist er der Meinung, dass der Standort mit Kultur auch Geld bringen kann. „Kulturwirtschaft“ nennt Prüfer das. Darum arbeitet er mit am neuen Betreiberkonzept und an der Mittelakquise für das Projektteam. „Wir haben dafür beim Senat EU-Fördermittel von 150.000 Euro beantragt“, sagt er. Die Howoge wolle die gleiche Summe kofinanzieren. Die Fördersumme sei auf drei Jahre angelegt. Im März, sagt Prüfer, geht der Antrag beim Senat in die Bewilligungsrunde.

Ob es klappt, weiß er nicht. Sicher ist, es werden Tage der Entscheidung für das Theater Karlshorst.