Der Sprengsatz bleibt scharf

■ Der SFB hat die Radiopläne mit dem ORB doch noch gebilligt. Aber die Zukunft des Senders ist ungewisser denn je

Um 8.30 Uhr am Morgen treffen sich Rundfunkgremien selten. Aber es war auch keine normale Sitzung, zu der der SFB-Verwaltungsrat am Mittwoch zusammenkam. Mit sieben Stimmen bei drei Enthaltungen billigte er schließlich doch noch ein Papier, dem er schon zweimal die Zustimmung verweigert hatte: die Radiokooperation mit dem ORB. Nun sollen zur Funkausstellung im August doch noch drei gemeinsame Programme starten.

Womit ein beispielloser medienpolitischer Streit vorerst zu Ende geht. Mit allen Mitteln war innerhalb und außerhalb des Senders versucht worden, die Radiokooperation zu verhindern, obwohl sich der SFB von ihnen versprach, das Kulturangebot auszuweiten und trotzdem viel Geld zu sparen (13,6 Millionen Mark). Selbst die Berliner Senatskanzlei hatte den Respekt vor der Rundfunkfreiheit fahren lassen und massiv Einfluß genommen: In einem lancierten Papier zeigte man sich über „einen Qualitäts- und Attraktivitätsverlust (...) was die Hauptstadtberichterstattung anbetrifft“ besorgt. Dabei ging es weniger um die Veränderungen am wenig gehörten Kulturfunk SFB 3, sondern um die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Hauptstadt.

Die hatte sich nämlich der MDR-Intendant Udo Reiter ganz anders vorgestellt als in einer Kooperation mit dem Potsdamer ORB. Und für Reiters Pläne, den SFB auf einen begrenzten Regionalsender zu reduzieren und den Hauptstadtfunk ansonsten den ARD-Großanstalten (mit dem MDR) zu überlassen, gibt es um den Berliner Bürgermeister Eberhard Diepgen viel Sympathie. Erst in der vergangenen Woche hatte dessen Sprecher Michael Butz in Leipzig mit Reiter darüber konferiert. Da dämmerte ORB-Chef Hansjürgen Rosenbauer, der „Sprengsatz“ aus dem Reiter-Plan sei „noch nicht aus der Welt“.

Zumal es auch im SFB jede Menge Sprengsätze gibt: Heftigst wird über einen baldigen Abgang des SFB-Intendanten Günther von Lojewski spekuliert, der gesundheitliche Probleme haben soll. Im Streit um die Radiokooperation war von Lojewskis Führungsschwäche offensichtlich geworden. In der Berliner CDU, die mit dem ihr nahestehenden Intendanten unzufrieden ist, werden diverse Namen gestreut – z.B. Phoenix- Chefin Barbara Groth. Seltener genannt wird hingegen Diepgen- Sprecher Butz, dem ebenfalls Ambitionen auf den Sitz nachgesagt werden. Lutz Meier